Notizen aus dem Nachlass meines Vaters Josef Fiedler
und unseres Ortschronisten Josef Ruhs zu den Jahren 1945 und 1946

Unsere Gemeinde-Gedenkbücher, 3 Bände blieben in Wolta. Ich habe mich bis zum Äußersten gewehrt die Bücher abzugeben. Da den Tschechen das Vorhandensein bekannt war, blieb mir schließlich nichts anderes übrig, als dem Narodny Vybor die Gedenkbücher I und II zu übergeben. Der 3. Band war noch bei unserem Dorfchronisten, so dass derselbe nicht in der Verwaltung war und somit auch nicht vorhanden. Er wurde später in der Woltner Kapelle unter dem rechten Altar versteckt in der Hoffnung, ihn später wieder einmal zu holen.

Bei dem Heimattreffen der Woltner in Wolta wurde unseren Leuten, woher auch immer, der 1. und 2. Band der Originalchronik, zur Einsichtnahme gezeigt. Nach dem Vorwort im Band 2 sind alle Seiten in Band 1 vollzählig vorhanden. Vermutlich ist der 2. Band auch vollständig. Leider ist über den Verbleib des 3. Bandes bis heute nichts bekannt. Er ist, sowie es heißt in der Kirche gefunden worden, wohin er gekommen ist und über den Umfang der Eintragungen kann leider nichts mehr gesagt werden.

Unser Dorfchronist Josef Ruhs hat nach seiner Aussiedlung im Kloster Banz im Band 4, aus dem Gedächtnis die Zeit 1945/1946 nochmals beschrieben. Der 4. Band ist z. Zt. bei Günther Scholz. Nach dem Tod von Josef Ruhs hat ihn mein Vater, danach Anton Feist als Chronist besessen und weiter geführt. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß mein Vater alle wichtigen Daten bis zur Vertreibung aller Woltner, mit den Daten des Gedenkbuches 4 abgestimmt hat.

17.01.1945: Wie bereits beschrieben kamen die ersten Flüchtlingstrecks durch Wolta.

01.02.1945: Straßensperren werden gebaut. Schächte zum Verlegen von Mienen. Der Volkssturm ist mit den Arbeiten und der Bewachung betraut. Täglich werden bis zu 500 Menschen mit Gespann und Wagen in Wolta untergebracht. Verpflegung wird in der Schule zubereitet.

26.02.1945: Wir sind nicht besonders erfreut über eine Einquartierung von Soldaten der Wlassow Armee. Es handelt sich hierbei um russische Kriegsgefangene die 1944, von dem sich in deutscher Gefangenschaft befundenen General Wlassow, für eine "Russischen Befreiungsarmee" angeworben wurden. Im Mai 1945 geriet Wlassow mit seinen Soldaten in amerikanische Gefangenschaft und wurden an die UdSSR ausgeliefert und hingerichtet.

04.03.1945: Ostarbeiter und Bauern heben Panzergräben aus und errichten Panzersperren aus Baumstämmen.

19.03.1945: Da auch wir mit einer Flucht vor den heranrückenden Russen rechnen, bauen wir die Leiterwagen so aus, dass wir gegebenenfalls mit den anderen Trecks mitziehen können. Die Wagen werden mit einer Plane versehen und Notproviant sowie benötigte persönliche Sachen wie Dokumente, Kleidung usw. bereitgehalten.

11.05.1945: Die Arbeitslager von Jüdinnen und anderen Arbeitern werden aufgelöst. Es kommt zu Plünderungen. Der Siegesjubel der Tschechen lässt nichts Gutes erwarten.

12.05.1945: Auf den Walzelwiesen in Parschnitz werden Geschütze aller Kalieber und Munition gesammelt und vernichtet.

14.05.1945: Die ersten sowjetischen Panzer und Geschütze fahren von Liebau kommend durch Wolta.

Konfiskation:
Jedes Privateigentum der Deutschen, Haus und Grundbesitz geht in das Staatseigentum der tschechischen Republik über.

Die "Benesch Dekrete":
Insgesamt 143 Dekrete wurden erlassen. Etwa 15 von ihnen haben die Entrechtung und Enteignung der Deutschen und Magyaren zum Gegenstand und sind völkerrechtswidrig. Nach wie vor weigert sich Tschechien diese Dekrete aufzuheben. Die Absurdität besteht darin, dass eine nicht gewählte, provisorische tschechoslowakische Nationalversammlung am 28. 03. 1946 rückwirkend diese Dekrete gebilligt hat und dieselben bis heute in Tschechien Gesetzeskraft haben.

Zu den wichtigsten Dekreten gehören:
Die Enteignungsdekrete vom 21.06.1945. Das "Große Retributionsdekret" vom 25.10.1945, es sieht die Schaffung von "Volksgerichte" vor, nachdem bereits einfache Funktionen in der NSDAP und Hitlerjugend mit 5 bis 20 Jahren Kerker bestraft werden können. Von diesen Gerichten wurden allein 475 Todesurteile gegen Deutsche ausgesprochen und vollstreckt. Im Dekret vom 17.07.1945 wird dir Gründung eines "Besiedlungsamtes" und am 20.07.1945 die Kolonisation des Sudetenlandes mit "slawischen Landwirten" bekannt gegeben. Das Verfassungsdekret vom 02.08.1945 befasst sich mit der Ausbürgerung der Deutschen und Ungarn und zwei weitere Dekrete mit der Arbeitspflicht (19.09.45) und der Zwangsarbeit (27.10.1945). Das Dekret vom 27.10.1945 befasst sich mit der Inhaftierung von als staatlich unzuverlässig angesehenen Personen. Mit dem "Kleine Retributonsdekret" vom 08.05.1945 und dem "Amnestiegesetz vom 08.05.1946" werden alle an Deutschen und Ungarn im Zuge der Vertreibung begangenen Verbrechen für "nicht rechtswidrig" erklärt; letzteres müsste eigentlich "Straffreistellungsgesetz" heißen.
Dem Wortlaut der Dekrete nach wurde die Unschuldsvermutung gegen die Deutschen aufgehoben. Sie müssen selbst ihre Unschuld beweisen; sehr viele hätten das leicht gekonnt, aber faktisch bekam niemand die Möglichkeit dazu.

15.05.1945: Narodny Vybor (National Ausschuß / Gemeindeverwaltung) in Wolta aufgestellt.

19.05.1945: Es beginnen die ersten Verhaftungen von Deutschen.

20.05.1945: Konzentrationslager AEG in Trautenau. Ich war der Einzige aus Wolta, der zu diesem Zeitpunkt mit dieser Institution Bekanntschaft machte. Meine Tochter Lieselotte wurde vom November 1945 bis Mai 1946, aus immer noch unbekannten Gründen dort ebenfalls eingesperrt. Ein Bericht über dieses Lager ist unter "Erinnerungen an die AEG in Trautenau" nachzulesen.
Deutsche Beamte und Angestellte werden überall entlassen und an ihre Stelle Tschechen eingestellt.

22.05.1945: Plündernde Partisanen und anderer tschechischer Pöbel, sowie Russen haben unser Dorf in Aufruhr gebracht. Keine Nacht verging, wo man mich holte, wenn Partisanen und Russen bei Woltner Familien plünderten oder Frauen vergewaltigten. Mehr als 20 Russen waren viele Tage in unserem Haus einquartiert. Oft mussten wir, meine Frau, ich und meine Tochter aus unserem Haus flüchten, wenn durch die meist besoffenen Russen alles drüber und drunter ging. In den gefährlichsten Situationen bewahrte ich wohl mit Gewalt die Ruhe und dies war wohl auch der Grund, dass ich lebend und unverletzt dieses Chaos überstanden habe.

23.05.1945: Das restliche Getreide, das von der reichsdeutschen Getreidewirtschaft aufgenommen und bisher nicht abverlangt wurde, muß von den Landwirten geliefert werden. Von den Tschechen wird weder das Getreide bezahlt, noch die leeren Säcke zurückgegeben.

25.05.1945: Der Post-, Autobus- und Eisenbahnverkehr wird gegen Ende Mai wieder aufgenommen. Den Deutschen ist die Benützung von Autobus und Eisenbahn nicht mehr gestattet. Postsendungen werden an Deutsche selten zugestellt. Neue Postwertzeichen gelangen zur Ausgabe.
Verordnungen, Kundmachungen, Aufrufe kleben an den Gemeindetafeln dicht neben einander. Alles in tschechischer Sprache. Die Vyhlaska (Kundmachungen) jagen sich förmlich. Sie haben jedoch den gleichen Charakter. Sie bekunden die völlige Entrechtung der Deutschen.

27.05.1945: Schlesische Flüchtlinge kehren in ihre Heimat zurück. Sie müssen schleunigst das nun mehr tschechische Staatsgebiet verlassen. Auf den Strassen stockt oft der Verkehr, da die russische Besatzung mit vielen Panzerwagen und Geschützen heranrückt. Den Flüchtlingen wird von den Sowjets Kleidung und Wäsche, besonders Schmucksachen abgenommen. Auch die besten Pferde werden von den Sowjets beschlagnahmt.

28.05.1945: Sowjetische Soldaten gehen im Ort von Haus zu Haus und plündern. Sie fordern Kleidung, Wäsche, Wein, Speck, Schmucksachen wie Uhren, goldene Ringe und Ohrringe. Auch die Frauen werden dabei belästigt.

30.05.1945: Mit Ende des Monats wird die Auszahlung von Renten an Deutsche eingestellt. Betroffen sind Alters- und Invalidenrenten, Sozialversicherungsrenten, Unfallrenten, Kriegsinvalidenrenten, Krieger- und Witwenrenten, Beamten- und Witwenpensionen.
Wohnungsmieten, auch von der eigenen Wohnung müssen vom Hauseigentümer am Gemeindeamt abgeführt werden.

31.05.1945: Ostarbeiter die bei den Bauern gearbeitet haben, verlassen unseren Ort mit viel geraubten Sachen und Wägen Richtung Osten. Gleichzeitig ziehen auch viele schlesische Flüchtlingstrecks wieder in Richtung ihrer ehemaligen Heimat zurück. Dazu kommen auf den Straßen riesige Viehherden, oft über 1000 Stück und Pferde bis zu 4 – 500 Stück, die durch den Ort getrieben werden, in Richtung Trautenau.

06.06.1945: Fliegergeschädigte aus dem Altreich, die in Wolta untergebracht waren, haben sofort ihre Unterkunft zu verlassen und in ihre Heimatkreise zurück zu kehren.

09.06.1945: Erneute russische Einquartierung. Die Zustände gleichen denen vom Mai. Besonders die Frauen und Mädchen müssen darunter leiden. Vergewaltigungen werden gemeldet.

12.06.1945: Die ersten Requirierungen beginnen. Alle Radios, Fotos, Sammlungen wie Briefmarken und Münzen, Bilder, Jagdwaffen und Wertsachen, Schmuck u. a. m. müssen unter Androhung von Repressalien in der Gemeindeverwaltung abgegeben werden.

20.06.1945: Verkürzung der Lebensmittelzuteilungen an die Deutschen. Es gibt weder Milch  und Fleisch. Zucker wird um die Hälfte der bisherigen Zuteilung gekürzt. An Butter wird 17 dkg (170 g) ausgegeben, dazu etwas Margarine. Kein Obst und Gemüse, kein Bier und keine Rauchwaren.
Alle Deutschen müssen weiße Armbinden tragen mit einem schwarzen "N" (Nemec = Deutscher).

22.06.1945: Die ersten tschechischen Ansiedler, genannt "Správce = Verwalter", erscheinen im Ort. Sie kamen in dieser Zeit meist ohne Habe, aus dem inneren Böhmen, suchten sich die besten und schönsten Häuser oder Landwirtschaften aus, vertrieben die Besitzer aus ihrem Eigentum, wobei mancher Eigentümer froh sein musste, wenn er einige persönliche Gegenstände noch mitnehmen durfte. Die Tschechen waren die neuen Herren und kein Deutscher durfte sich dagegen wehren. So einfach konnte damals ein Habenichts Hausbesitzer werden. Ich selbst war dann als Knecht bzw. Tagelöhner bei dem neuen Herren auf meinem Hof beschäftigt.
In dieser Zeit fuhr ich täglich mit dem Pferdewagen nach Trautenau in die Molkerei, um Milch abzuliefern. Dadurch konnte ich noch vielen Woltnern oft die letzten Habseligkeiten heimlich aus dem Orte schaffen. Trotz der vielen Wachen und Aufpasser gelang es mir meistens 3 – 4 Milchkannen mit Milch und Quark aus der Molkerei unbemerkt wieder mitzunehmen und in Wolta an die hungernden Frauen und Kinder verteilen lassen.

01.08.1945: Die erste Aussiedlung beginnt ganz unverhofft. Binnen 2 Stunden müssen sich 246 Personen mit 25 Kg Gepäck und Nahrung für drei Tage beim Gemeindeamt einfinden und werden über Jungbuch nach Deutschland abgeschoben.

02.08.1945: Deutsche dürfen ab sofort nur noch in der Zeit von 8 – 9 und 16 – 17 Uhr einkaufen. Die Geldnoten müssen umgetauscht werden. Beträge über 180 RM sind auf den Bankkonten gesperrt. Von den gesperrten Beträgen erhalten arbeitsunfähige Personen 300 Kronen monatlich zum Lebensunterhalt ausgezahlt. Alle Kleingeldmünzen aus Zink, 50 Pfennige aus Aluminium, sowie 2 und 5 Mark Stücke aus Silber werden nicht umgetauscht.

11.08.1945: Es beginnen systematische Hausdurchsuchungen. Abteilungen tschechischer Soldaten suchen nach Uniformen, Kleidungsstücken, Decken, Schuhen, Waffen, Munition u. s. w.
Raubgieriges Tschechenvolk schleicht in die verlassenen Häuser und schleppt heraus was es zum Stehlen gibt. Vom Vybor (Gemeindeamt) werden Kleidung, Schuhe, Schmuck, Betten, verschiedene Gebrauchsgegenstände, ja auch Möbel und Zimmereinrichtungen abgeholt. Diese geraubten Sachen werden immer zu einer bestimmten Zeit an die Tschechen, die meist bettelarm ankamen, verteilt.

12.08.1945: Ab sofort dürfen Deutsche keinen Wald mehr betreten. Wer im Walde mit gesammelten Beeren oder Schwämmen von angestellten Wächtern angetroffen wird, bekommt sie weggenommen bzw. sie werden ausgeschüttet und vernichtet.

13.08.1945: Heute Abend kamen einige Frauen am Feldkreuz beim Bauer Rudlof Hs. Nr. 22 (Anm.: Es ist das Feldkreuz das in diesem Bericht beschrieben, bzw. das 2004 restauriert wurde) zusammen, um dem Herrgott selbst ihren Kummer und Leid zu klagen, und durch Gebet, Trost und Hoffnung zu finden. Am nächsten Abend waren schon doppelt soviel Leute an der Andacht beteiligt. Am dritten Abend musste die Vorbeterin die vielen Leute schon bitten nicht mehr zu kommen, da ja jede Ansammlung von Deutschen unter freiem Himmel streng verboten war.

17.08.1945: Es beginnen so genannte Robotarbeiten (besser als Fronarbeit bekannt) bei den Tschechen. Männer von 18 – 60 Jahren müssen z.B. Wegreparaturen, Waldarbeiten ausführen. Frauen werden zum Waschen in das Gemeindehaus einbestellt, haben in der Schule Fußboden und Fenster zu reinigen u. a. m. Alle Arbeiten müssen unentgeltlich geleistet werden. Besonders an Sonn- und Feiertagen werden diese Arbeiten durchgeführt.
Ab 20 Uhr bis 5 Uhr früh darf sich kein Deutscher außerhalb der Wohnung aufhalten.

20.08.1945: Für Deutsche ist ab sofort folgendes verboten: Besuch des Rasierers (Friseur). Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Kein Besuch der Gottesdienste und Beerdigungen. Eine ärztliche Hilfe wird überwiegend verweigert, ebenso die Aufnahme in ein Krankenhaus. Es dürfen nicht mehr als 3 Personen beisammen stehen, auch ist das Benutzen der Bürgersteige untersagt.

24.08.1945: Im Oberdorf (Fiebig) hielten heute die Sowjetsoldaten Jagd auf Hühner. Wo sich in einem Garten eine Henne blicken ließ, und wenn sie dem ärmsten Häusler gehörte, wird sie ohne weiters niedergeknallt.

01.09.1945: Zum Schulanfang werden die Kinder deutscher Eltern  zum Schulunterricht nicht mehr zu gelassen. Deutsche Lehrlinge durften nirgends in die Lehre aufgenommen werden.

05.09.1945: In leer stehende Wohnungen von Vertriebenen Deutschen werden öfters deutsche Familien umgesiedelt, besonders wenn sie dabei eine bessere Wohnung aufgeben müssen. Diese Wohnung wurde anschließend einem Tschechen zugeteilt, bot sich doch dabei die beste Gelegenheit alle Gegenstände zu beschlagnahmen.

10.09.1945: Wie nicht anders zu erwarten, wurde ich auf Grund meiner politischen Vergangenheit von den Tschechen verhaftet und im Polizeigefängnis in Trautenau und in der AEG, eine ehemalige Fabrik und als grausames Gefangenenlager bekannt, eingesperrt. Viele, so genannten Verhöre, mit viel Prügel und persönlicher Erniedrigung, endete damit, dass man erst nach fast einem dreiviertel Jahr erkannte, dass ich nicht der gesuchte politische Verbrecher gleichen Namens war. Zwei Tage, bevor ich vor das "Volksgericht" kommen sollte, hatten sich mehrere Woltner, trotz der schwierigen Zeit, für mich mit schriftlichen Eingaben eingesetzt und bestätigt, dass ich allen Woltnern, gleich welcher Nationalität, immer geholfen habe. Die Zustände in der AEG sind in dem folgenden Bericht "Erinnerungen aus der AEG in Trautenau" wahrheitsgetreu wiedergegeben und werden von mir voll bestätigt. Warum meine Tochter Lotti ebenfalls in der AEG eingesperrt wurde, ist mir immer noch unbegreiflich. Sie war weder politisch noch in einer besonderen Institution tätig gewesen. Diese Haft hat wesentlich zur Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes beigetragen. Sie musste am 8.4.1946 aus dem Lager AEG in das Krankenhaus Trautenau eingeliefert werden und wurde erst im Juli 1946 dort entlassen.
Die Übersetzungen der 3 Eingaben, die wesentlich zu meiner Entlassung beigetragen haben, sind unter "Dokumente der Vertreibung" nachzulesen.

26.09.1945: Seit diesem Tage ist für die deutsche Bevölkerung wieder Verdunklung vorgeschrieben. Das abhören deutscher Rundfunksendungen ist streng verboten.

28.09.1945: Der deutsche Bauer und Häusler ist in diesem Jahr nicht mehr Herr und Eigentümer seines Obstes. Zuerst hatte es die Gemeindverwaltung beschlagnahmt, dann wollten es die Spravze (Die neuen tschechischen Eigentümer) haben. Nun als es reif war, kam eines Sonntags früh die Gendarmerie mit eigenen Leuten und verkündete, das Obst gehöre ihnen. Sie hatten Säcke mitgebracht und pflückten, bis der letzte Baum geleert war.

01.10.1945: Obwohl in der Zwischenzeit ein Aussiedlungstop bestand, gelang es meinen Spravce Skrbek mit Unterstützung seines Schwagers, der bei der Polizei in Trautenau Dienst tat, meine Frau aus dem Haus zu vertreiben. Sie lebte unter armseligen Verhältnissen bis zur Aussiedlung über das Lager Jungbuch, in Parschnitz.

08.10.1945: Weitere Plünderungen durch russische Soldaten. Es gibt Familien im Orte denen schon mehrere Male Schränke und Truhen durchgewühlt wurden. Am meisten versessen sind die Soldaten auf Gold und Silber. Dies kann sich in Russland der kleine Mann nicht verdienen und nicht kaufen. Auf Taschenuhren sind sie besonders erpicht. Die werden den Leuten auf der Straße aus der Tasche gezogen. Außer den Uhren gilt die besondere Liebe dem weiblichen Geschlecht. Die jungen Mädchen und Frauen schlafen den ganzen Sommer wenig in ihrem Bett. Sie sind gezwungen des Abends ihre Verstecke aufzusuchen. Der Bolschewismus befindet sich eben auf einem sittlichen Tiefstand, wie wir es uns nicht vorgestellt hatten.

14.10.1945: An diesem Tage ist Kirchweih und das erste Mal heilige Messe mit tschechischer Predigt und tschechischem Gebet.

25.10.1945: Um 11 Uhr wurde im ganzen Aupatal die Verstaatlichung der Fabriken durch andauerndes Sirenengeheul verkündet.
Die Behörde verkündet die Konfiskation der Vermögenssubstanz der Deutschen in der CSR im Sinne des Benesch-Dekretes Nr. 108 vom 25.10.1945.

26.10.1945: Zu Ende des Monats sind schon mehr als die Hälfte der Bauernwirtschaften von den Tschechen besetzt.

01.12.1945: Am 01. Dezember, bzw. mit der nächsten Kartenperiode tritt eine 90 – 100 % tige Erhöhung aller Lebensmittel in Kraft. Der Preis eines 2 kg Brotes steigt von 5,20 Kr. auf 9.60 Kr. Im Schwarzhandel werden jetzt dafür 20 Kr. bezahlt.

25.12.1945: Von diesem Tage an bis auf weiteres erfolgt kein Unterricht in den Schulen wegen Kohlenmangels. Auch Fabriken haben Kohleferien. Das bedeutet auch für die Deutschen über 2 Monate keine Kohlenausgabe.

01.01.1946: Da ich, schreibt Josef Ruhs, mit dem neuen tschechischen Seelsorger Pater Josef Nowak ein gutes Einvernehmen hatte, durfte ich die Betreuung unserer Kirche als auch die Führung des Kassenbuchen bis zum 31.12.1945 behalten. So habe ich als letzte Tat, den Jahresabschluß, in Deutsch in das Kassabuch eingetragen. Anschließend übergab ich Pater Nowak die Sparbücher in Höhe von 2.515,88 RM, 12 Stück 5 Mark Münzen, Bargeld in Höhe von 6.410,00 tschechischer Kronen und aus der Sammelbüchse "Antoniusbrot" für die Dorfarmen 2.000,00 tschechische Kronen. Nur mit großer Mühe konnte ich den Seelsorger davon überzeugen, daß es sich beim Antoniusbrot um kein Kirchengeld handelt, sondern eine um eine Spendensumme, die immer für die armen Leute bestimmt gewesen ist. Nach langen bitten und betteln gelang es mir ihn davon zu überzeugen und er willigte in einen Kompromiss ein. 1000 Kronen für die verbliebenen Deutschen und 1000 Kronen für die tschechischen Dorfarmen. So hatte ich wenigstens für unsere Leute etwas erreicht. Die Verteilungsliste mit den Unterschriften habe ich noch im Besitz.

10.03.1946: Den Deutschen ist es von nun ab verboten, in diesem Jahre Schrebergärten zu bebauen. Auch in den Hausgärten dürfen sie weder Gemüse noch Blumen ansäen oder pflanzen.

15.03.1946: Die deutsche Bevölkerung wird zum öffnen und entleeren der Kartoffelmieten, sowohl wochentags als auch Samstag und Sonntag befohlen. Es ist eine dreckige Arbeit, da die Kartoffeln zum Großteil erfroren und verfault sind. Niemand erhält dafür eine Entlohnung.

20.03.1946: Vom 20. bis 28. März ist die Anmeldung von beweglichem und Unbeweglichem Vermögen vorgeschrieben. Anzugeben sind Wohnungseinrichtungen, Kleidung, Wäsche, Maschinen, Radios, Musikinstrumente, Motoren, Fahrräder, Motorfahrräder, Autos, landwirtschaftliche Maschinen, Sammlungen, Wertpapiere u. s. w. Ferner Häuser und Grundstücke. Die Anmeldung geschieht mittels Meldebögen in dreifacher Ausführung.

28.03.1946: Es beginnt die zweite Aussiedlung in Wolta mit 102 Personen.

10.04.1946: Es werden nächtliche Hausdurchsuchungen durch den Vybor, Gendarmen, Polizei und Partisanen durchgeführt. Es wird den Deutschen alles weggenommen was sie sich selbst angeschafft haben, mit dem Hinweis sie hätten sich die Sachen ungerecht angeeignet bzw. gestohlen. Wer etwas als sein persönliches Eigentum behalten will, muß eine Rechnung über den Kauf vorlegen. Oft werden die Leute mit Gummiknüppeln verprügelt. Selbst die deutschen Sozialdemokraten werden von diesen Aktionen nicht verschont.

19.04.1946: Von nun ab müssen die Deutschen die Armbinden am rechten Arm tragen. Bei Personen die in einer Arbeit stehen, muß die Armbinde den Buchstaben P = Arbeiter, enthalten. Die roten Binden der Sozialdemokraten, Kommunisten und anderen mehr, sind abgeschafft.

14.05.1946: Es findet die dritte Aussiedlung von 40 Personen statt. Sie wurden einige Tage zuvor davon verständigt. Am 18. Mai folgen noch 8 Personen.

16.05.1946: Die unter besonderem Schutz der tschechischen Sozialdemokraten und Kommunisten stehenden deutschen Sozialdemokraten und Kommunisten, insgesamt 46 Personen, werden ausgesiedelt. Ihnen wurde die Möglichkeit geboten, fast den gesamten Hausrat, einschließlich der Möbel auszuführen.

06.07.1946: Abfahrt aus dem Lager Jungbuch in einem Waggon mit 31 Leuten. Für die noch schwerkranke Tochter Lotti konnten wir wenigstens einen Liegestuhl organisieren.

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