(beglaubigte Übersetzungen aus dem tschechischen)
Befehl
Zur Aussiedlung aus der Wohnung
Anna Grundmann, geb. am 24.06.1904, wohnhaft in Wolta Nr.140
Sie werden aufgefordert, zum Termin
Uhr Ihre Wohnung mit einem
Gepäckstück von maximal kg pro Person zu
verlassen. Dieses Gepäck darf nur Gegenstände des persönlichen Bedarfs, Kleidung,
Wäsche, Schuhe, max. 2 Garnituren pro Person und Lebensmittel für 5 Tage beinhalten.
Schmuck muss zurückgelassen werden, ausgenommen sind Trauringe und Taschen-
und Armbanduhren.
An Geld können Sie alles in RM (Anm. Reichsmark) pro Person in deutscher Währung
mitnehmen.
Mit Ihnen zusammen werden ausgesiedelt: Ursula Grundmann (Anm. Tochter 9 Jahre
alt) und Gerda Grundmann (Anm. Tochter 4 Jahre alt).
Die Wohnungsschlüssel geben Sie sofort und vollständig ab. Ihr Sammelplatz zu
dem festgelegten Termin ist der Hof des Grundbesitzers Raimund!
Wolta, den 01. August 1945
Ortsverwaltungskommission
gez. Unterschrift
Dazu schreibt später unser Ortschronist
Josef Ruhs, im Altersheim Kloster Banz, in seinem 4. Band der Ortschronik von
Wolta:
Von den Tschechen hatten wir in den vergangenen Wochen schon viel Schmach und
Unbill erduldet. Dass sie mit der uns drohenden Ausweisung aus der Heimat werden
Wirklichkeit machen, hätten wir von ihnen, einem Kulturvolke dennoch nicht erwartet.
Am 01. August 1945 sollte ihre Grausamkeit den Höhepunkt erreichen. Die ersten
Morgenstunden brachten schon Angst und Schrecken über unsere Bewohnerschaft.
Zwischen 5 und 6 Uhr liefen Partisanen, SMB (Sicherheitspolizei) und Vybor mit
Verzeichnissen von Haus zu Haus, die die Namen der Familien enthielten, die
binnen 2 Stunden die Ortschaft verlassen mussten. Nachdem niemand vorher von
seiner Aussiedlung verständigt worden war, entstand für die Betroffenen großer
Schrecken und Bestürzung. Lautes weinen der Erwachsenen mischte sich mit dem
Schreien der Kinder. Die Bewaffneten drängten zur Eile. Der Arbeiter durfte
nicht mehr zu seiner Arbeitsstätte, der Handwerker musste seine Werkstatt verlassen,
der Bauer konnte nicht einmal Abschied nehmen von seinen Feldern , die gerade
vor der Ernte standen. Die Zeit war um, keine Minute länger durften sie verweilen,
von rauer Hand wurden sie hinaus geschoben. Nur 25 Kg, bestehend in Wäsche,
Kleidung, Schuhe und Esswaren konnten sie mit sich nehmen. Wollte ein Bekannter
oder Verwandter behilflich sein, wurde er von den Soldaten vor die Tür gewiesen.
Sie wurden alle an der Straße gesammelt und mit Autos nach Jungbuch gefahren.
246 Personen wurden an diesem Tag vertrieben.
Der nachfolgende Text wurde mir freundlicher Weise aus der Qualischer Ortschronik
überlassen, da in der Woltner Ortschronik Band 4 , die unser Ortschronist
im Altenheim des Klosters Banz nach seiner Vertreibung geschrieben, da kein
Text aus dem Jahre 1946 für Wolta vorhanden ist. Es kann jedoch davon ausgegangen
werden, dass dieser Text auch für Wolta verwendet wurde. Geändert wurde lediglich
der Ortsname in "Wolta" und die Bezeichnung des "Sammelplatzes".
Kreisverwaltungskommission in Trautenau
Nr. 1122-46 den 7. März 1946
Bescheid
Die Kreisverwaltungskommission In
Trautenau bestimmt hiermit zur Abschiebung aus dem Gebiet der Tschechoslowakischen
Republik.
Name
in Wolta Nr.
mit Familienmitgliedern
Namen
Alle genannten müssen sich gemeinsam am 28. März 1946 um 8 Uhr auf dem Sammelplatz
beim Gemeindehaus einfinden. Von da aus werden Sie zum Sammellager nach Jungbuch
befördert. Mitbringen darf jede Person höchstens 50 kg Gepäck, inbegriffen 7
Tage Lebensmittel, welche nicht schnell verderben, nötige Kleidung, Schuhe,
Wäsche und Bettdecken, Essgeschirr und Besteck und andere persönliche Gebrauchsgegenstände
und höchstens 1000 Mark pro Person in bar. Ausgeschlossen sind Gegenstände,
welche aus der CSSR nicht ausgeführt werden dürfen und die zur gesperrten Aufbewahrung,
nach einer Kundmachung des Finanzministeriums Nr. 461-45, abgegeben werden
sollten. Jedes Gepäckstück muss mit lesbarer Adresse und der bisherigen Wohnung
des Eigentümers versehen sein.
Jede Person muss alle persönlichen Dokumente bei sich haben, Geburtsschein,
Heimatschein, Evidenzkarte, Bürgerausweis/Kennkarte und diese dem Vertreter
der Ortsverwaltungskommission abgeben. Beim verlassen der Wohnung ist diese
abzuschiebende Familie verpflichtet, alle Eingänge der Wohnung zu verschließen,
auch von Büroräumen, und
Die Schlüssellöcher sind mit Papierstreifen so zu verkleben, dass die Türen
nicht geöffnet werden können, ohne die Streifen zu beschädigen. Die Streifen
sollten mit Ihrem Namen versehen sein. Die Schlüssel der Wohnung, auch von Betriebsräumen
und der Eingangstür sind zusammenzubinden und mit einem Kärtchen zu versehen,
auf dem die vollständige Adresse zu ersehen ist. Die Schlüssel sind am Sammelplatz
der Ortsverwaltungskommission zu übergeben. Sachen, die nicht ausgeführt werden
dürfen, rep. welche abgegeben werden sollten, sind von den abgeschobenen Personen
in einem Päckchen mit einer Inhaltsliste in dreifacher Ausfertigung mit zubringen.
Das Päckchen muss ebenfalls mit der vollständigen Adresse des Eigentümers versehen
sein und ist am Sammelplatz abzugeben. Das zurückgelassene Eigentum muss in
Ordnung sein, darf nicht absichtlich beschädigt, entfremdet oder versteckt worden
sein, so dass müheloses Feststellen und richtiges Übernehmen unmöglich wäre.
Jede Familie muss 3 Exemplare einer ausführlichen Liste des beweglichen Eigentums,
das zurückgelassen wird, anfertigen. Die Liste ist zu unterschreiben und am
Sammelplatz abzugeben. Nichtbefolgung dieser Anordnung dieser Anordnung und
absichtliche Beschädigung des Eigentums wird strengstens bestraft.
Der Vorsitzende der K V K:
Vlastimil Brunclik v. r.
Petitionen von tschechischen Einwohnern aus
Wolta zur Entlastung meines Vaters vor der Gerichtsverhandlung
beim "Volkstribunal" in Trautenau im Jahre 1946. ( siehe auch unter
10.09.1945)
Beglaubigte Übersetzung einer Bescheinigung von Tschechen und Antifaschisten
Die Unterschriebenen bestätigen hiermit,
dass sich Josef Fiedler, geb. 23. November 1889, zuletzt wohnhaft in Wolta Nr.
2, bei Trautenau, gewesener Bürgermeisterstellvertreter in Wolta, über
die Zeit der Okkupation (1938 45) sich mit den verbliebenen Tschechen
und den bekannten Antifaschisten in gutem Einvernehmen befand. Wenn eine Meldung
oder Anzeige an die Gemeinde kam, so verständigte er uns, manchmal ließ er uns
in seine Wohnung rufen und warnte uns, weil er gut wusste, dass wir zeitweise
Versammlungen abhielten und fremde Sender hörten. Er machte uns oft aufmerksam,
dass wir Obacht geben sollten. Am meisten half er über die Zeit der Okkupation
der Familie Weiss, als Herr Weiss 3 Jahre im Konzentrationslager war, der Frau
mit den 2 Kindern. Die Familie war tschechischer Nationalität.
In der Revolutionszeit, als wir als "Národní vybor" (Volksausschuss)
die Gemeinde übernahmen, half uns Herr Fiedler, weihte uns in alles gut ein
und unterstützte uns Dadurch, dass alles in der Gemeinde in guter Ordnung verblieb.
Dass dies Niedergeschriebene auf Wahrheit beruht, bestätigt hiermit:
gez. Klara Weiss Nr. 136, Josef Kuhn Nr. 81, Petr Johann Nr. 134, Rodr Rudolf
Nr. 102, Barta Josef Nr. 12, Kuhn Franz Nr. 81
Bescheinigung
Die tschechischen Bewohner von Wolta
bescheinigen dem Herrn Josef Fiedler, gewesener Bürgermeisterstellvertreter
der Gemeinde, dass er sich zu ihnen über die Zeit der Okkupation (1938
45) stets freundschaftlich und rechtschaffen benahm und ihnen sogar in manchen
Sachen geholfen hat.
Schrámek Josef, Lokömotivführer i. P. Wolta Nr.124; Weiss Emil, Wolta Nr.136
Gefangener im KZ ; Bocek Josef, Wolta Nr.45; Medilek Josef , Wolta
Nr.97; Králicek Frantisek, Wolta Nr.88.
Von der Zeit als Obengenannter die Gemeindegeschäfte führte, bekam ich den Mietzins
meines Hauses, was bei seinem Vorgänger nicht der Fall war. Das Haus hatte ich
im Jahre 1938 verlassen.
gez. Josef Hofmann
Wolta Nr.122
Bescheinigung
Ich als Tscheche und
politischer Gefangener der Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald und Döre,
gebe dem gewesenen Bürgermeisterstellvertreter von Wolta, Herrn Josef Fiedler,
für seine gute Gesinnung, welche er während meiner Inhaftierung in dem deutschen
Regime.
Meiner Frau und meinen Kindern in der Zeit von meiner Einsperrung bis zu meiner
Rückkehr vom 28.08.1942 bis 15.05.1945 bewies, folgendes Gutachten: Der Bürgermeisterstellvertreter
half den Tschechen, welche hier geblieben waren auch gegen die Verordnungen.
Meiner Familie half er oft mit Brot aus, welches sie mir ins Konzentrationslager
schickten. Dann wollten sie im Jahre 1943 in der Zeit meiner Inhaftierung meine
Familie aus der Wohnung aussiedeln und auf sein Einschreiten unterblieb es.
Als meine Frau lange Zeit während meiner Inhaftierung keine Nachricht erhielt,
schrieb Herr Fiedler, trotzdem es verboten war, ins Ausschwitzer Konzentrationslager,
auf Grund dessen ich dann die Erlaubnis bekam meiner Familie zu schreiben und
auch meine Frau schreiben konnte. Dass er sich um die Unterstützung für meine
Frau und Kinder gekümmert hat, (Verbot) dafür bin ich ihm sehr dankbar und sende
ihm dieses Zeugnis des guten Verhaltens, welches wahrheitsgetreu ist und das
ich eigenhändig geschrieben habe.
In Hochachtung
Emil Weiss
All das oben Angeführte unternahm Herr Josef Fiedler gegen die NSDAP, das heißt
gegen die Partei und ihre Anordnungen, was er als Bürgermeisterstellvertreter
nicht machen durfte. Da meine Frau nicht in Arbeit gehen konnte, unterstützte
er sie monatlich mit 20 30 RM aus dem Eigenen.
Wolta, den 07.03.1946
gez. Emil Weiss
Die Tschechoslowakei entstand 1918 und umfasste folgende Volksgruppen:
Tschechen |
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Deutsche |
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Slowaken |
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Ungarn, Polen, Juden, Ukrainer, Rumänen, Zigeuner usw. |
|
Es lebten also genau so viele Nichttschechen
in diesem Staat wie Tschechen. Dennoch strebten die Tschechen schon in der ersten
Tschechoslowakei, die von 1918 bis 1939 bestand, die Alleinherrschaft an.
Für die Vertreibung der Sudetendeutschen gibt es zwei Hauptgründe:
Das Verlangen der Nationalisten in der Tschechoslowakei, einen tschechoslowakischen
Nationalstaat zu schaffen und
die Absicht Stalins, Millionen Ost- und Sudetendeutsche in den Rest von
Deutschland zu pferchen, um dort ein soziales Chaos zu schaffen, das die Vorstufe
zu einer kommunistischen Machtergreifung sein sollte.