Die Seelenliste der  Gemeinde

Die Bezeichnung "Seelenliste" mag wohl heute etwas antiquiert klingen, war aber in der Zeit, in der unsere Eltern lebten und somit in der Zeit in der unser Ortschronisten Josef Ruhs lebte, ein allgemein verständlicher Begriff. Es gab damals den Pfarrer und Priester, den man selbstverständlich auch "Seelsorger" nannte und der seine Seelen betreute, wobei es unter diesem Begriff keine Unterscheidung nach Alter, Geschlecht und Stand gab. Auch wurde die Anzahl der Einwohner kleinerer Dörfer und Gemeinden nach den dort lebenden "Seelen" angegeben. Heute ist dieser Begriff weitgehend unbekannt. Bei Gesprächen mit jüngeren Woltner ist daher die Bezeichnung "Einwohnerliste" besser vermittelbar. In Anbetracht der einmaligen Leistung unseres Ortschronisten sollte jedoch der Begriff "Seelenliste" erhalten bleiben und durch, in Klammern "Einwohnerliste" ergänzt werden.

Nach seiner Vertreibung hat Josef Rhus in jahrelanger Arbeit versucht den Aufenthalt bzw. die Anschriften von den vertriebenen Woltnern und deren Familien zu ermitteln. In dem von ihm neu geschriebenen Gedenkbuch 4, hat er auf über 100 Seiten die Namen der damaligen Hausbesitzer und deren Mieter, sortiert nach den Hausnummern aufgezeichnet. Wie er selbst schreibt, begann er bereits im Herbst 1946 im Durchgangslager am Fensterbrettel auf allerhand Fetzen Papier an einer Anschriftenkartei zu arbeiten und später mit emsiger Hilfe von freiwilligen Mitarbeitern, diese, wohl einmalige Ortsdatei zusammenzustellen. Bedenkt man allein die damaligen Zustände, Restdeutschland war in vier Besatzungszonen aufgeteilt, die Vertriebenen hausten oft in Notunterkünften, wurden mehrmals an andere Gemeinden weitergeleitet und die postalischen Verhältnisse waren meist mangelhaft u. s. w.

In einer Laudatio auf unseren Ortschronisten hat mein Vater als letzter Bürgermeister der Gemeinde Wolta sich für seine einmalige Leistung bedankt und folgendes geschrieben:

Die Vertreibung aus der Heimat hat ihm den Lebensmut, die Schaffenskraft und vor allem die Liebe zu seiner Heimat nicht geraubt. In der neuen Heimat, im Altersheim des Klosters Banz  begann er unter den damaligen schwierigen Verhältnissen, mit großer Mühe, das 4. hier vorliegende Gedenkbuch nach verbliebenen Zettelvormerkungen, aber zum größten Teil Altes aus seinem selten, klaren, eigenen Gedächtnisse niederzuschreiben. In mehr als zehn Jahren, d. h. bis zu seinem Lebensende, hat Josef Ruhs in unermüdlicher, zäher Kleinarbeit im Kloster Banz die Daten und Anschriften der Ortsbewohner gesammelt und in der Seelenliste in dem 4. Buch auf mehr als 100 Seiten eingetragen. Noch vieles wäre anzuführen, was dieser einfache, schlichte Bauernsohn im Stillen, ohne jeglichen Anspruch auf das geringste Entgeld oder Anerkennung, alles aus Liebe und Treue zu seinem Heimatorte, getan hat. Im Namen aller Woltner wurde Josef Ruhs für seine großen Verdienste um unser Heimatdorf an seinem 70. Geburtstag, am 30.07.1953 zum Ehrenbürger von Wolta ernannt. Die Ehrenurkunde wurde von noch allen lebenden  Mitgliedern der einstigen  Woltner Gemeindevertretung unterzeichnet.

Die Seelenliste beinhaltet 1.134 Namen der bis zur Vertreibung in Wolta lebenden Deutschen und aller bis zu diesem Zeitpunkt noch geborenen Kinder. Dazu kommen noch 39 Namen von ortsansässigen tschechischen Personen und 32 Namen von Deutschen, die in Wolta geblieben sind.

Erfaßt wurden, nach Hausnummern geordnet, Besitzer und Mieter, Familien und Einzelpersonen mit folgenden Angaben:

Haus Nr., Familienname, Vorname, Geburtsname, verwandtschaftliches Verhältnis (Ehegatte, Gattin, Sohn, Tochter, verwitwet u. s. w.) Geburtsdaten, Geburtsgemeinde, Konfession, Beruf, Trauungsdatum, Pfarramt, gegenwärtige Anschrift und Sterbedatum.

Leider, wie auch immer, ist dieses einmalige Werk in den vergangenen Jahren nicht weiter bearbeitet worden. Es ist mir aber dennoch, mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln, gelungen fast 20% der Anschriften wieder zu aktivieren. Eine erneute Erfassung der Daten der Seelenliste ist z. Zt. leider nicht möglich.

< Home >     < weiter >

© Copyright 2006, www.wolta.de.vu