Als in den Sommermonaten des Jahres 1937 sich eine leichte Konjunkturerholung
bemerkbar machte, atmete das Volk erleichtert auf. Man glaubte die schweren
Jahre seien überwunden und sich die Tore der stillgelegten Betriebe wieder öffnen
würden. Die Wohnungsnot der letzten Jahre war zum größten Teil behoben. Leider
ist jedoch die Arbeitslosigkeit zu Ende 1937 wieder angewachsen aber die Arbeiter
gehen trotzdem mit Zuversicht ins neue Jahr.
Zum Zwecke einer Evidenzführung aller Einwohner, wurde von der staatlichen Polizei
in der Zeit vom 15. bis 31. März eine Konskription (Aushebung zum Kriegsdienst)
durchgeführt. Jeder Einwohner musste dazu zwei Formulare ausfüllen.
Dankgottesdienst:
Um dem Dankgefühl für die wunderbare Befreiung unserer Heimat vollen Ausdruck
zu geben, fand sich die Bewohnerschaft unseres Ortes am 1 November zu einem
Gottesdienst in der Kapelle zusammen, um dem höchsten Lenker der Geschicke,
im Dankgebet zu gedenken.
Die neuen Formationen der NSDAP, Hitlerjugend und Sturmabteilung (SA) mit ihren
neuen Fahnen, die Gemeindevertretung, die übrigen Ortsvereine und zuletzt der
lange Zug der ehemaligen Mitglieder der Sudetendeutschen Partei, bildeten mit
neu belebten Gesichtern einen schmucken Festzug, der mit einer Musikkapelle
an der Spitze zum Dankgottesdienst heran marschierte.
Am Ehrenmal der Kriegsopfer 1914/18 wird Aufstellung genommen, um den toten
Kameraden zu melden, dass sie ihr Blut nicht umsonst hingegeben haben und ihre
Heimat wieder frei ist. Der Gottesdienst schließt mit einer rührenden Ansprache
des Priesters.
Die politische Behörde ernannte am 12. Oktober Ernst Steidler Nr. 104 zum Bürgermeister.
Stellvertreter Alfred Jeschek Nr. 103.
Als Gemeindevertreter wurden ernannt: Karl Rose Nr. 49, Stefan Krcmarik Nr.
73, Ernst Patzelt Nr. 14, Johann Hettfleisch Nr. 129, Hermann Weber Nr. 125,
Ernst Baudisch Nr. 144, Josef Fiedler Nr. 2, Eduard Otte Nr. 120, Franz Stiller
Nr. 99, Rudolf Feierfeil Nr. 62, Rudolf Rösel Nr. 42 und Anton Feist Nr. 51.
Am 04. Dezember fand in dem festlich geschmückten Turnsaal unserer Schule, die
Abstimmung für den Reichsrat und die Regierung statt. 687 Personen waren wahlberechtigt.
Abgegebene Stimmen 687. 683 gültige und 4 ungültige Stimmen. Mit "Ja"
681 und mit "Nein" 2 Stimmen.
Die Bunker der tschechischen Verteidigungslinie,
denen man sich früher nicht nähern durfte, können jetzt besichtigt bzw. bestaunt
werden. Besonders sehenswert sind die Bauwerke in Trautenbach. Zwei Jahre hätten
die Tschechen noch benötigt diese Anlagen fertig zu stellen, die mit Hilfe von
französischen Ingenieuren und Offizieren geplant und betreut wurden. Ähnlich
der Maginotlinie in Frankreich, sollten sie später ebenfalls unüberwindlich
sein!
Die Dorfschmiede Nr. 112, erbaut 1891 und seit 1891 im Besitz der Familie Baudisch,
ging einige Jahre nach dem ersten Weltkrieg in den Besitz des geprüften Huf-
und Wagenschmied Josef Baudisch über. Infolge neu eingetretener Verhältnisse
für den Mittelstand, wurde sie auf Grund verschiedener Umstände zum Ende dieses
Jahres aufgelöst.
Das Hilfswerk "Mutter und Kind" betreut gegenwärtig 5 Mütter und
4 Kinder mit Lebensmitteln. 2 Kinder erhalten Lebertran. 2 Mütter haben eine
Haushaltshilfe erhalten. Babywäsche erhielten 4 Mütter. 4 Familien bekamen neue
Bettstellen. 42 Schulkinder erhielten Milch und Kipfeln.
Zur Erholung ins Altreich konnten 21 Knaben und 14 Mädchen reisen. Außerdem
wurden 9 ältere Männer und 1 Frau in Erholungsheime geschickt.
Zum Dienst in der Wehrmacht meldeten sich freiwillig: Josef Feist Nr.
51, Hans Scholz Nr. 44, Artur Klose Nr. 124, Franz und Friedrich Rudolf Nr.
69, Heinrich Wießner Nr. 67, Reinhold Slawisch Nr. 141, Rudolf Kasper Nr. 135,
Gottfried End Nr. 23, Alois Klippel Nr. 92, Alois Weber Nr. 125, Walter und
Josef Hoffmann Nr. 59, Robert Fleischer Nr.13, Adolf Bernatschek Nr. 46, Ernst
Klenner Nr. 47, Karl Radezky Nr. 114 und J. Machatschek.
Zum Reichsarbeitsdienst: Irma Stumpf, Elsa Franze, Herta Kamitz Nr.
135 und Erna Fiedler.
Der Krieg mit Polen begann am 01. September. Schon in den ersten Tagen wurden
Tanzunterhaltungen und ähnliche Belustigungen eingestellt. Die Verdunklung aller
beleuchteten Objekte wurde bei Beginnen der Dämmerung angeordnet. Es wird die
Lebensmittelkarte eingeführt auch für Hülsenfrüchte, Seife und Kohle. Brot Mehl
und Fleisch bleiben noch ausgenommen. Volksbekleidung aus Webwaren, Bettzeug
und Schuhe gibt es nur noch gegen Vorlage eines Bezugscheines, ausgestellt vom
zuständigen Landratsamt. Essen in Gaststätten nur noch gegen Abschnitte der
Lebensmittelkarte. Benzin nur noch für sehr wichtige Fahrten.
Schütze Hans Scholz, Sohn des Bauern Heinrich Scholz Nr. 44 ist am 05.09.1939
bei einem Gefecht in Polen gefallen. (Ihm sollten noch viele Woltner folgen)
Am 13.12. wurde aus dem "Deutschvölkischen Turnverein" die "N.S.
Turngemeinde des N.S. Reichsbundes für Leibeserziehung" gegründet. Ortsturmführer
ist Josef Tinla Nr. 16, Turnwart Ernst Feist Nr. 86, Dietwart Anton Feist Nr.
51.
Bautätigkeit: Wiederaufbau der durch ein Schadenfeuer zerstörten Wohnstube
von Erna Menzel Nr. 7. Fritz Stechmann Nr.118 hat sein Wirtschaftsgebäude neu
aufgebaut. Neubau eines Wohnhauses Nr. 146 von Emil Müller in Neu-Wolta und
des Wohnhauses mit Tischlerei der Brüder Karl und Alfred Baudisch Nr. 147.
Besitzwechsel: Die Bauernwirtschaft von V. u. A Rudlof Nr. 22 geht in
den Besitz des Sohnes Gustav Rudlof. Das Wohnhaus von Fr. Rosa Fleischer Nr.
108 an Fr. Anna Römisch. Das Haus des Konsumvereins "Vorwärts" Nr.
132 am 13.10. an Johann Röhricht Nr.111. Die Feldgärtnerei des Josef Wießner
Nr. 67 an seinen Sohn Heinrich Wießner.
"Mitglieder der Partei, Führer von Formationen und Gliederung derselben,
Beamte, Journalisten Erbhofbauern u. a. m. müssen eine lückenlose arische Abstammung
(bis 1799 zurück) nachweisen und zwar durch Vorlage des Ahnenpasses".
Die Gemeindekanzlei mit Standesamt wird in das Gemeindehaus Nr. 58 verlegt.
Dort wird auch je ein Raum für die N.S. Frauenschaft und die Hitlerjugend eingerichtet.
Mit der Einführung der Lebensmittelkarten erhält eine erwachsene Person im Monat
bzw. 28 Tagen folgendes:
Brot: | 9 Kg Brot oder 6,2 Kg Brot und 1,5 Kg Mehl. |
Fleisch: | 1,2 Kg und 800 g Fleischwaren. |
Butter: | 440 g, Butterschmalz 100 g, Margarine 320 g, Käse 195 g, Quark 125 g, Fett 195 g. |
Nährmittel: |
500 g Graupen oder Grütze, Nudeln, Haferflocken, Gries, 125 g Hülsenfrüchte. |
Zucker: | 1,3 Kg oder 900 g Zucker und 700 g Marmelade. |
Eier: | Je nach Aufruf. Im Durchschnitt 3 Stück im Monat. |
Kaffee: |
Kaffee-Ersatz wie Korn, Malz, Zichorie, Fruchtkaffee 400 g. Sofern es 60 Bohnenkaffe gibt, werden nur 125 g als Kaffee-Ersatz verabreicht. |
Milch: | Vollmilch nur für Kinder und kranke Personen. |
Obst: | Nach Aufruf nur für Kinder und kranke Personen. |
Seife: | 100 g Einheitsseife und 250 g Seifenpulver. Im ¼ Jahr 100 g Rasierseife. |
Erdäpfel und entrahmte Milch sind
noch frei. Ansonsten, wie bereits 1939 berichtet ist alles andere nur gegen
einen amtlichen Bezugsschein erhältlich. Alle Webwaren sind wegen Mangel an
Rohstoffen mit Zellwolle vermischt. Die Lagerbestände in guten Wollstoffen und
echt Leinen wurden nach dem Umbruch von Privatpersonen aus dem Altreich aufgekauft
und ins Altreich heim geholt. Bevor die Kleiderkarte im Herbst 1939 ausgegeben
wurde, waren unsere Warenhäuser und Geschäfte schon völlig ausgeplündert. Was
nicht als Handgepäck fort gebracht werden konnte, wurde mit Autos abgeholt.
Am 30. August fand eine Musterung
der Jahrgänge 1900, 1901, 1902 und 1903 statt. Von 37 Mann wurden 35 als tauglich
befunden.
Am 12. Dezember wurde der Jahrgang 1922 zur Musterung einbestellt. Alle waren
tauglich: Ernst Weinlich Nr.126, Alfred Patzak Nr. 137, Friedolin Kopper Nr.72,
AloisRudlof Nr.24, Rudolf Fichtner Nr.12, Richard Ruß Nr.104 und Berthold Kuhn.
Am 09. Mai ist Herr Ernst Patzelt Nr. 14 als Nachfolger von Ernst Steidler als
neuer Bürgermeister für 6 Jahre bestellt worden.
Der Bund der Deutschen wurde aufgelöst. Er hatte seine Arbeit getan. Er war
seiner Aufgabe stets voll und ganz gerecht worden.
In unserer Volksschule unterrichten in diesem Schuljahr:
I Klasse: Oberlehrer Karl Ruß 28 Kinder.
II Klasse: Lehrer Adolf Schreiber 51 Kinder.
Schulkatechet ist Kaplan Richard Moz. Handarbeitslehrerin Elisabeth Wolang.
Im Klassenzimmer III ist ein Kindergarten eingerichtet worden, Leiterin ist
Eleonore Wewra.
Bautätigkeit: Fällt in diesem Jahre gänzlich aus.
Besitzwechsel: Nachtrag für 1939: Herr Max Oberländer hat seine Besitztümer
im Sudetenland verlassen. Herr Dir. Theodor Rumler führt kommissarisch den Betrieb
weiter. Am 02.04.1939 gehen die Gebäude Nr. 88, 90, 92, 97, 98 und 103 im Kaufwege
an die Firma Dr. K. H. Barthel in Wien über.
Das Wohnhaus des Josef Altenberger Nr. 11 an Berta Altenberger. Die Bauernwirtschaft
Josef Pohl Nr. 32 und das Haus Nr. 76 an Rudolf Pohl. Das Wohnhaus Josef Schmidt
Nr. 117 an Marie und Hermann Schmidt. Die Gastwirtschaft Vinzenz Weber Nr. 130
an Anna Podrasil und Rudolf Weber. Die Bauernwirtschaft Josef Feist Nr. 51 an
Anton Feist. Die Bäckerei Emil Feist Nr. 86 an Anna Feist. Das Wohnhaus Robert
Rudolf Nr. 75 und der Besitz Friedrich Rudolf Nr. 69 an Richard und Julie Rudolf.
Einer neuen Gemeindeverordnung zufolge, musste die Gemeinde das Patronat für
unsere Kirche niederlegen. Die Betreuung übernimmt jetzt der kath. Pfarrkirchenrat
in Trautenau. Der Friedhof verbleibt in der Obhut der Gemeinde.
Das Winterhilfswerk wurde wieder durchgeführt. Es ist ein Beweis der stolzen
Opferfreudigkeit und dem zuversichtlichen Gemeinschaftswillen unseres ganzen
Volkes. Gesammelt wurden RM 5.991,70. Für das "Deutsche Rote Kreuz"
ergab die Sammlung RM 2.760,06.
Im freiwilligen Erntedienst wurden 13.770 Stunden geleistet. Bei der gegenseitigen
Nachbarschaftshilfe der Bauern 2.185 Stunden. Bei den Nähabenden der Frauenschaft
wurden u. a. 65 Mädchenschürzen, 12 Kinderhemden, 30 Paar Hosen, 14 Paar Socken,
25 Potschen, 1 Stück Affenhautjacke angefertigt. Bei der Volksweihnacht erhielten
die 210 Kinder Kaffee, Backwerk, Weihnachtsstollen, 29 Kg Äpfel und 98 Packeln
Lebkuchengebäck.
Nach dem Ableben unseres Bürgermeisters Ernst Patzelt Nr. 14 wurde Josef Fiedler
Nr. 2 zum stellvertretenden Bürgermeister ernannt. Nach der Einberufung des
Ortsleiters Alois Feist wurde Franz Patzak Nr. 137 als Ortsleiter ernannt. Der
Ortsbauernführer Josef Tinla Nr.16 wurde nach Einberufung von Adolf Walsch Nr.
4 vertreten.
Besitzwechsel: Das Gasthaus Eberhard Nr. 13 ging an Auguste und Franz
Fleischer über. Die Feldgärtnerei des Franz Dörner Nr. 89 an Johann End aus
Wolta. Der Besitz des Emil Seidel Nr. 27 an Franz und Berta Kleinwächter.
10 Männer aus der Gemeinde starben den Heldentod.
Der Krieg hat vieles eingeschränkt. Die meisten Waren sind knapp geworden und
unterliegen besonderen Verkaufsbestimmungen. Die Lebensmittelrationen sind herabgesetzt
worden. Bei Brot von 2250 g auf 2000 g. Fleisch von 400 g auf 300 g. Auch das
Bier wird im Sommer rar und recht wässrig. Branntwein gibt es keinen mehr. Schaut
man sich die Lebensmittelration für den Monat an, ist man der Meinung, davon
könne keine Henne fett werden. Und doch ist noch keiner des Hungers gestorben.
In der Landwirtschaft sind fremde Landarbeiter, Polen, Tschechen, Franzosen
und Ukrainer tätig. Das Gasthaus "Zum Egerländer" Nr. 106 beherbergt
Textilarbeiterinnen aus Belgien. Die Firma. Barthel hat in Baracken ca. 320
jüdische Jungarbeiterinnen untergebracht. Im Betrieb der Firma Barthel wird
in zwei Schichten gearbeitet. Im Dienstanzug der Eisenbahnschaffner stecken
nur mehr weibliche Personen. Desgleichen sind mangels männlicher Kräfte alle
Ämter mit weiblichen Personen besetzt.
Reichlich waren heuer die Waldfrüchte wie Heidelbeeren und Himbeeren. Von der
Jugend wurden Beeren für die verwundeten Soldaten gesammelt. Genießbare Schwämme
wuchsen in diesem Sommer jedoch wenig.
Das kinderlose Ehepaar Staude Nr. 15 (Hackla Staude) hat seinen Betrieb aufgegeben.
Die Felder wurden verpachtet und z. T. als Schrebergärten genutzt.
Die größten katholischen Feiertage wie Dreikönig und Fronleichnam sind zu Werktagen
erklärt worden. Der Fronleichnamsumzug darf nicht mehr in der Innenstadt von
Trautenau stattfinden. Vereine und Körperschaften dürfen nicht mehr geschlossen
in Uniform das Gotteshaus betreten. Weckruf, Böllerschießen und Osterreiten
ist am Ostermorgen nicht mehr. (Schmeckostern war wahrscheinlich nicht verboten).
Die alljährliche Kirchenparade der freiwilligen Feuerwehr zu Ehren ihres Schutzpatrons
am Kirchenfest ist verboten.
Nichts schöneres kann ein Volk vererben, als der alten Väter
Brauch.
Wenn des Volkes Bräuche sterben, stirbt des Landes Blüte auch!
Am 23. Juli verdingte sich ein SS
Mann bei einer Bäuerin zur Erntehilfe. Es stellte sich jedoch heraus, dass er
von seiner Truppe desertiert war und als er sich verfolgt fühlte, erschoss er
sich im Walde oberhalb der Felsen. Er war ein Deutscher aus der Schweiz.
Für Weihnachten gab es eine Sonderzuteilung. Nach dieser erhielt der Normalverbraucher:
500 g Weizenmehl, 200 g Fleisch, 125 g Butter, 62,5 g Käse, 250 g Zucker, 125
g Hülsenfrüchte, 125 g Zuckerwaren, 50 g Bohnenkaffee und eine ½ Flasche Cognac.
Ab April gab es eine Erdäpfelkarte für 3 ½ kg Kartoffeln in der Woche. Für männliche
Personen ab 18 Jahre eine Raucherkarte für 50 Zigaretten oder 50g Pfeifentabak
pro Woche. Weibliche Personen erhalten ab 09. April 10 Zigaretten pro Woche,
wenn sie 25 60 Jahre alt sind. Ab 01. November erhalten Personen beiderlei
Geschlechtes einen Haushaltsausweis zum Kauf von Glas, Porzellan, Geschirr,
Kochgeräte, Werkzeuge und sonstiger Haushaltsgegenstände.
Auf den Kriegsschauplätzen starben in diesem Jahr 6 Woltner.
Es werden viele hunderttausend Männer und Frauen zum Kriegseinsatz herangezogen,
bzw. aus ihren bisherigen Arbeitsstätten herausgenommen und in kriegswichtige
Betriebe eingestellt. Alle Männer bis zum 65. Lebensjahr, die weder in abhängiger
Beschäftigung stehen, noch selbständig berufstätig sind und auch alle kinderlose,
ledige, verwitwete, geschiedene und verheiratete Frauen, die weder in abhängiger
Beschäftigung, noch selbständig berufstätig sind, bis zu einem Alter von 45
Jahren, müssen gemeldet werden. Ausgenommen sind Landwirte und Landarbeiter.
Alle Betriebe die nicht unbedingt kriegswichtig sind, d. h. Feinkosthallen,
Kaffees, Gasthäuser, Schmuck- und Juwelengeschäfte, Tabak- und Blumenläden,
Textilwaren- Schuh- und Porzellangeschäfte usw. werden geschlossen.
Gleichzeitig mit dieser Stillegung wurden auch Verbände und Vereine wie: "Deutsches
Rotes Kreuz", "Bund Deutscher Osten", "Reichskolonialbund"
und die "NS Kriegerkameradschaft" still gelegt.
Eine größere Abteilung der Genesungskompanie aus Jaromirsch wurde von unseren
Bewohnern für zwei Tage aufgenommen und verpflegt. Wenige Wochen später kam
eine Gruppe von verwundeten Soldaten aus Johannisbad zu Besuch nach Wolta.
Auf den Kriegsschauplätzen starben 6 Woltner den Heldentod.
An der Jahreswende, wo wir Rückschau halten, stehen wir entblößten Hauptes.
Wir gedenken der Opfer des Krieges; wir würdigen ihr großes Opfer für die Heimat.
Am Leben und Treiben unserer Dorfbewohner hat der Krieg keine besonderen Veränderungen
hinterlassen. Die Lebensmittelkarten wurden außer Eier- Kartoffel- und Milchkarte
zu zwei Karten zusammengezogen. Auf Bezugschein wird nur noch das aller Notwendigste
zum Lebensbedarf abgegeben. Bei der Ausgabe von Kohlen werden 30 % Abzug gemacht.
Auf den Küchenbrand entfallen nur mehr 840 kg. Die Bauern haben ein Abgabesoll
zu erfüllen. Die Schrotmühlen sind plombiert. Milch wird täglich in Kannen in
die Molkerei nach Trautenau abgefahren, die Magermilch erhält der Bauer gegen
Verrechnung wieder zurück. Butterfässer und Zentrifugen sind beschlagnahmt.
Am 04. Mai waren die Jahrgänge 1884 bis 1888 zur Musterung. Von 24 Wehrpflichtigen
wurden 20 als wehrfähig erkannt.
Bautätigkeit: Rohbau eines Wohnhauses durch Wenzel Winter Nr. 37 bei
der ehemaligen Bauernwirtschaft Nr. 15. Das Haus erhält die Nr. 148.
Auf den Kriegschauplätzen sind wieder 11 Woltner gefallen. Darunter waren: Gotfried
End, Alois Fleischer, Kurt Fürle und Richard Ruhs.
Ein tragischer Tod war dem Unteroffizier und Flugzeugführer Josef Feist Nr.
51 beschieden. Er wurde in der Nacht vom 05. / 06. März bei einem Luftkampf
über Berlin abgeschossen, konnte sich verwundet mit dem Fallschirm retten, wurde
aber bis in den Spreewald abgetrieben. Nach der Schneeschmelze fand man dann
seine Leiche.
Auch der stille, geachtete Tagearbeiter Anton Sagner Nr. 59 kam bei einem Fliegerangriff
in einem Chemiewerk bei Brüx ums Leben.
Fliegeralarm wurde im Laufe des Jahres öfters gegeben, doch sind wir bisher
von derartigem Besuch verschont geblieben. Der Laubholzgraben beim Landwirt
Franz Ruhs wurde als Schutzversteck bei Fliegerangriffen ausersehen und darin
Steigen, Brücken und Ruheplätze angelegt.
Am 17. Jänner 1945 erschienen die ersten Flüchtlingstrecks, vom Liebauer Paß
kommend in Wolta bei 14° Kälte aus den Kreisen Landsberg und Kreuzberg bei Frankfurt
an der Oder. Danach aus den Kreisen: Öls, Oppeln, Liegnitz, Görlitz, Schweidnitz,
Steinau, Bunzlau u. a. In unserer Schule war der Unterricht eingestellt und
die Klassen, der Turnsaal, Kindergarten und die Zimmer in der Gemeindekanzlei
zur Aufnahme der Flüchtlinge als Massenlager eingerichtet. Auf der Reichsstraße
riss der Strom von Kolonnen mit Gespannwagen nicht mehr ab. Die Personenzüge
der Eisenbahn waren überfüllt mit Flüchtlingen und deren Gepäck.
In unserer Ortschaft waren täglich bis zu 500 Menschen mit ihrer Habe untergebracht,
die dann am nächsten Tag wieder weiter zogen um den Nachkommenden Platz zu machen.
Die an der Straße gelegene Wiese des Bauern Raimund Nr. 57 ist als Abstellplatz
für die Bauernwagen ausersehen. Die Gespanne werden bei den Bauern untergebracht.
Den Hitlerjungen fällt die Aufgabe zu, die Flüchtlinge mit ihren Gespannen in
ihre Quartiere einzuweisen. Ohne den Quartierschein des Bürgermeisters dürfen
Quartiersuchende nicht aufgenommen werden.
Es ist zum Erbarmen wie die Zugtiere, besonders die Ochsen auf der gefrorenen,
holprigen Straße lahm und mit blutenden Klauen mühselig weiter hinken und abends
kaum ihr Quartier erreichen können.
Es gehört wohl zu den größten Schrecken eines Krieges, wenn ein Befehl ergeht,
zur Winterszeit das traute, warme Heim zu verlassen und mit wenigen Habseligkeiten
in die Winterkälte, ins Ungewisse hinaus zu ziehen.
Die Frau Oberlehrer Anna Ruhs und Frau Bischof Nr. 128 leiten das Massenlager
in der Schule und versorgen die Flüchtling, auch in den Privatquartieren, mit
täglich einer warmen Suppe aus der Schulküche.
Am 12. Februar vernimmt man aus Richtung Nord / Osten zum Ersten mal die Detonationen
der Granaten der schweren Geschütze. Unser Bezirk kommt in die Kampfzone I.
Die Bahn- und Straßenbrücken werden nachts vom Volkssturm bewacht. Die Bauern
und alle Ostarbeiter müssen zu Schanzarbeiten an die Straße um Panzersperren
zu bauen.
Das Straßenbild wird unterdessen recht abwechslungsreich. Bald bewegen sich
außer den Flüchtlingen, unter Eskorte lange bis 1000 Mann starke Kolonnen gefangener
Russen und englische Kriegsgefangene, die aus ihren Lagern im Osten abtransportiert
werden.