Allgemeine Beschreibung der Gemeinde Wolta und Größe um 1922

von Dr. Helmut Fiedler, 65812 Bad Soden, vormals Wolta Nr. 2

Die politische Gemeinde Wolta liegt 407 m über dem Meeresspiegel mit der Einschicht Neu-Wolta. Sie führt für beide Ortsteile den offiziellen Namen "Wolta". Die Gründung der Ortschaft fällt in die Regierungszeit von König Premysl Ottokar II., Im Jahre 1253 – 1278. Die Entstehung von "Neu-Wolta" in das Jahr 1853 unter der Regierung des österreichischen Kaisers "Franz Josef I."

Die Gemeinde hat ein Flächenausmaß von 492 Hektar, 81 Ar und 50 qm. Von diesem Ausmaß entfällt auf eine besteuerbare Fläche 478 ha, 35 a und 14 qm, auf Bauareal 4 ha, 20 a und 89 qm. Sonstige steuerfreien Flächen wie Straßen, Wege usw. 10 ha, 24 a und 36 qm. Unproduktive Fläche wie Steinbrüche usw. 1 a und 89 qm. Die gesamte steuerpflichtige Fläche der Gemeinde zerfällt in folgende Kulturgattungen: Äcker 152 ha 82 a 51 qm, Wiesen 38 ha  56 a 71 qm, Gärten 1 ha 31 a 42 qm, Hutweiden 26 ha 39 a 50 qm, Waldungen 159 ha 25 a.

Nach der letzten Volkszählung vom Jahre 1921 hat die Gemeinde 124 Häuser mit 245 Wohnungen und 918 Einwohnern, davon 438 männlich und 480 weiblich. Davon sind 885 deutsch, 31 tschechisch, einer gehört einer anderen Nationalität an und eine Person ist fremd.

Die Einwohner bekennen sich zu folgenden Religionen: 886 sind röm.-kath., 9 sind protestantisch, 5 sind Israeliten, ohne Konfession sind 18 Personen. Die Mundart (Muttersprache) der Bewohner ist ein schlesischer Dialekt. Nur im Verkehr mit Behörden, Ämtern und höheren Personen bedienen sich die Einwohner der schriftdeutschen Sprache.

Die Gemeinde liegt eine ¾ Stunde von der Bezirksstadt Trautenau entfernt. Zuständig ist die politische Bezirksverwaltung, das Bezirksgericht und Finanzverwaltung in Trautenau. Gendarmeriepostenkommando Parschnitz, Bezirksvertretung und Schulausschuss Trautenau, Post- und Telegraphenamt Gabersdorf, Telephonamt Trautenau, Eisenbahnstation Parschnitz, Steueramt Trautenau, Ergänzungsbezirk und Kreisgericht Jicin, Handels- und Gewerbekammerbezirk Reichenberg, Raiffeisenkassenverein Parschnitz, Eichamt – Kaminfegerei – Abdeckerei Trautenau.

Die Ortschaft hat eine geschützte Lage und ein mildes Klima. Der Boden ist z. T. tiefgründig, z. T. flachgründig und damit weniger fruchtbar, in der Ebene festlehmig, auf den Anhöhen sandig und kieshaltig. Der Grundstein ist der rote Sand- und Kalkstein, auch das Rotliegende genannt. Wolta wird umgeben von den Ortschaften: Gabersdorf, Döberle, Parschnitz, Trautenau, Nieder-und Oberaltstadt.

Flurnamen sind die ältesten Sprachdenkmäler. So gibt es den Fiebich, den Litschenberg, den Roten Hügel, den Keilahof, den Mühlberg, die Schimmelgrube, die Überschar, die alten Wiesen, die Klinge, die Erbenfelder, den Buchenberg und den Preußenweg, der seinen Namen aus dem Kriege 1744 erhalten hat, als die Preußen auf diesem Wege Richtung Trautenau gezogen sind.


An Steuern zahlt die Gemeinde im Jahre 1922 folgende:

Grundsteuer 1.611 Kr., Hauszinssteuer 11.611 Kr., Hausklassensteuer 541 Kr., Erwerbssteuer 3.889 Kr., Umsatzsteuer 87.141 Kr., Personaleinkommensteuer 71.342 Kr. Außerdem besteht nach dem ersten Weltkrieg in der Tschechoslowakischen Republik eine Kriegsgewinnsteuer, eine Luxussteuer, eine Lustbarkeitssteuer, eine Fahrkartensteuer, eine Zündholzsteuer, eine Kunstdüngersteuer, eine Wassersteuer, eine Bereicherungssteuer u. a. m.

Bei der Schule handelt es sich um eine dreiklassige Volksschule mit Turnsaal, Lehrmittelzimmer, Schul- und Gemeindebibliothek, Oberlehrer-, Lehrer- und Schuldienerwohnung, erbaut im Jahre 1911. Schulkinder 1922: 1. Kl. 34, 2. Kl. 47, 3. Kl. 49 Kinder.

Ferner besitzt die Gemeinde ein Gemeindehaus als Armenhaus. Ein Zeughaus für die freiwillige Feuerwehr. Ein Gerätehaus des "Land- und Forstwirtschaftlichen Verein" mit Viehwaage, Trieur (Maschine zur Getreidereinigung), Wiesenegge u. v. a. m. (Erbaut 1905). Außerdem befindet sich in der Gemeinde noch eine elektrische Lichtanlage, erbaut im Jahre 1912, mit 2 Transformatorenhäusern.


Als Gewerbetreibende sind zu verzeichnen:

2 Bäcker, 2 Fleischer, 1 Gärtner, 6 Gastwirte, 2 Flaschenbierhandlungen, 4 Gemischtwarenhandlungen, 1 Sattler, 1 Schmied, 1 Wagner, 3 Schneider, 2 Schneiderinnen, 1 Tischler, 1 Schuhmacher, 1 Rasierer, 1 Schnittwarenhandel, 2 Tabaktrafiken, 1 Geburtassistentin (Hebamme), 3 Besitzer von Sandgruben und Steinbrüchen. Außerdem befinden sich im Orte: 3 Zimmerleute, 4 Maurer, 1 Ofensetzer, 3 Korbflechter.
18 Landwirte mit mittleren und kleinen Bauernwirtschaften und 16 Feldgärtner.

Angebaut wird vorwiegend Korn (Roggen), Hafer, Kartoffeln, einige Kleearten und Futterrüben. Der Flachsanbau hat fast gänzlich aufgehört. Als Feldgeräte sind eingeführt: Verbesserte Eggen, Wende- und Schälpflüge, Kultivatoren, auch Sä- und Mähmaschinen. Obzwar der Boden nicht ergiebig ist, wissen die Landwirte demselben so viel abzuringen, dass sie sich besten Wohlstand erfreuen.

Der Viehstand besteht aus 24 Pferden, 180 Rindern, 127 Ziegen, 19 Schweinen, 2 lizenzierten Stieren und ca. 950 Stück Geflügel. Viehrassen sind der Riesengebirgsscheck und die Kuhländer-Kreuzung.

Der Obstbau ist erträglich, bietet hauptsächlich bei Wirtschaftsobst eine reichliche Ernte.

Unsere Wälder liefern in großer Menge Beeren und genießbare Schwämme (Pilze). Zehn Bienenzüchter besitzen 48 Bienenvölker. Drei Landwirte besitzen eine eigene Hauswasserleitung.

Es gibt fünf Vereine: Der "Freiwillige Feuerwehrverein", der "Land- und Forstwirtschaftlichen Verein" (derselbe dient gleichzeitig als Notschlachtverein), der "Verein gedienter Soldaten" mit einer Sterbefallunterstützungskasse, der "Deutsche Turnverein" und der "Arbeiterbund Kornblume". Ferner eine Ortsgruppe vom "Bund der Deutschen in Böhmen". Eine Ortsgenossenschaftsabteilung für "Viehzucht und Viehverwertung" in Trautenau. Eine Ortsvereinigung der "Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei". Eine Lokalorganisation des "Bundes der Landwirte". Eine Musikkapelle, einen Jagdausschuss und eine Jagdgesellschaft.

Politische Parteien: "Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei" "Christlich Soziale Volkspartei" "Bund der Landwirte" "Deutschnationale Partei" und die "Kommunistische Arbeiterpartei".


Einführung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten:

Den ersten Wendepflug besaß der Landwirt Johann Menzel 1870. Die erste Dreschmaschine kaufte im Jahre 1874 der Landwirt Johann Feist und stellte fünf Jahre später den zum Antrieb erforderlichen Göpel (Antrieb durch Pferde oder Ochsen) auf. Die Maschine wurde bis dahin mit Händekraft betrieben. Getreideputzmühlen waren schon in älterer Zeit in mannigfacher Ausführung im Gebrauch. Den ersten Cultivator (Schrepper genannt) und die erste Ackerwalze besaß 1885 der Landwirt Josef Ruhs. Die erste Gras- und Getreidemähmaschine wurde 1899 vom Landwirt Franz Feist gekauft. Den ersten Hand-Schlepp-Rechen mit Stahlzinken besaß Vinzenz Feist um 1900.Die erste Milchentrahmungsmaschine (Zentrifuge) wurde eingeführt im Jahre 1897 vom Landwirt Vinzenz Rudlof. Die erste Sämaschine besitzt der Landwirt Josef Ruhs seit dem Jahre 1911.Den ersten Sack Kunstdünger (Chilesalpeter) kaufte der Landwirt Franz Demuth im Jahre 1892.

Im Jahre 1930 hatte Wolta: 983 Einwohner, davon 939 Deutsche, 40 Tschechen, 3 Ausländer, andere Nationalität 1. Davon waren 936 römisch katholisch, 10 Protestanten, 28 Glaubenslose, 3 Analphabeten, 1 Israelit, 2 der Tschechoslowakischen Kirche angehörig, 6 Andersgläubige.

Im Jahre 1939 hatte Wolta: 940 Einwohner, davon 930 Deutsche, 9 Tschechen, 1 Slowake. Davon männlich 475 und weiblich 465.

< Home >     < weiter >

© Copyright 2006, www.wolta.de.vu