Am 01. Mai wurde in der Nachbargemeinde Parschnitz eine neue Seelsorge errichtet.
Als Pfarrer wurde Hochwürden P. Karl Ludwig eingeführt. Derselbe war nach Erbauung
und Einweihung der Kirche im Jahre 1901 erster Katechet in Parschnitz. Dem neuen
Kirchspiel wurden auch die Gemeinden Döberle und Welhotta angegliedert. Die
neue Pfarrei umfasst 5.400 Seelen.
Durch die Auspfarrung dieser drei Gemeinden besteht daher unser Kirchspiel in
Trautenau nur noch aus den Gemeinden Trautenau mit Neuhof, Niederaltstadt, Krieblitz
und den Gemeinden Gabersdorf, Wolta und Weigelsdorf.
Vom städtischen Marktamte in Trautenau wird bekannt gegeben, dass für das Jahr
1934 und weiterhin die Jahrmärkte "Montag, an oder nach Pauli Bekehr"
(im Jänner) und "Montag an oder nach Jakobi" (im Juli) aufgelassen
sind. Es werden daher nur mehr 4 Jahrmärkte abgehalten.
Der Winter 1932 1933 verlief mit weniger Kälte und Schnee. Niedrigste
Temperatur am 10. Jänner 18° Celsius. Feber, März und April waren trocken. Der
Mai ziemlich feucht und fruchtbar. Der Sommer war wieder meist trocken, große
Hitze Ende Juli. Viele guten Quellen versiegten. Im Herbst ebenso wenig Niederschlag.
Anfang Dezember setzte der Winter ein mit, für diese Jahreszeit noch ungewöhnlich
starkem Frostwetter ohne Schnee bis Mitte Dezember anhaltend. Der wärmste Tag
im Jahre 1933 war der 28. Juli mit 33° Celsius im Schatten. Der kälteste Tag
der 09. Dezember, 20° Celsius unter Null.
Zu den vergangenen Weihnachten erfreuten uns die Schulkinder wieder durch
eine Aufführung. Die erste Aufführung war am 17. Dezember vorigen Jahres im
Saale Patzelt, Neu-Wolta. Die Mitglieder des Elternausschusses hatten sich durch
eine Ortssammlung bemüht, die Schüleraufführung mit einer kleinen Weihnachtsbescherung
zu verbinden. Es konnten daher an bedürftige Kinder wieder etwas Kleidung und
Schuhe verteilt werden. Die Wiederholung fand am 7. Jänner d. Jahres, im Saale
der Frau Rumler statt.
Im Winter erhielten bedürftige Schulkinder aus der Suppen- und Milchaktion der
Bezirksjugendführsorge in der Schule Suppe. Die Suppenküche führten die weiblichen
Mitglieder des Elternrates, unter Leitung des Herrn Oberlehrers Heinrich Dorschner.
Am 30. Jänner wurde das Hilfswerk "Brüder in Not" ins Leben gerufen.
Es ist ein gesamtstaatliches Unternehmen dem sich alle deutschen Bünde und Verbände
des deutschen Gebietes, 16 an der Zahl, angeschlossen haben. Noch einmal geht
der Ruf, der alle verpflichtet, helfend für den Nächsten ein zustehen. Jeder
weiß wie schwer die böse Krise über unserer Heimat ruht. Unsere Jugend ist in
Gefahr. Hunger und Kälte sind in die Stuben unserer Bevölkerung eingezogen und
überall wühlt und nagt der Hunger und die Entbehrung an der Gesundheit der Kinder
und Erwachsenen.
Jeder, der noch verdient, der noch Besitz sein Eigen nennt, wird und muss eintreten,
denn es gilt die Gesundheit unserer Kinder zu erhalten. In jeder Gemeinde besteht
die Ortsgruppe des "Bundes der Deutschen". Jeder Menschenfreund, der
helfend einspringen will, soll sich an dieselbe wenden.
Der Jänner bot mäßige Kälte, 20 cm Schnee. Feber und März blieben meist ohne
Schnee, April bringt schöne Tage. Zur Mitte des Monats tritt sommerliche Wärme
ein. Das Thermometer zeigt 26° C. im Schatten. Am 16. grünte die Birke. Zu Ende
des Monats stehen die meisten Obstbäume in Blüte. Drei Wochen früher gegenüber
anderen Jahren. Die ältesten Leute wissen sich auf ein so zeitiges Frühjahr
nicht zu erinnern.
Die sommerliche Wärme hält an mit dauernder Trockenheit. Der 16. Mai bringt
2° Frost. Kein Tropfen Regen mehr. Die im Juni noch immer anhaltende Dürre droht
die Ernte vollends zu vernichten. Gab es noch eine schwache Hoffnung auf einen
mäßigen Ernteertrag, so hat die tropische Hitze der letzten Tage auch diese
zu Nichte gemacht. Die Wiesen sind braun, ausgebrannte Flächen. Endlich bringt
der 26. Juni ein Gewitter mit 80 mm Niederschlag.
Auch im zweiten Halbjahr dauert die Trockenheit an. Auf die Monate Mai, Juni,
Juli, August entfällt nur je ein Regentag. Unser Dorfbach lag einige Male bis
zum Gasthause Rumler trocken. Das Sommergetreide ist sehr schwach, die Futterrübenfelder
weisen große Lücken auf, da der Samen nicht keimen konnte.
Der Herbst ist ohne Frostwetter. Zu Allerheiligen blühen noch Blumen. Besonders
die frostempfindlichen Dahlien. Im Oktober und November stellen sich Regentage
ein. Die hohe Temperatur hält jedoch an bis in den Monat Dezember. Die Herbstsaaten
sind fast überwachsen und werden gelb und rostig. Im Herbste gesteckte Krokus-
und Tulpenknollen sprießen aus der Erde, was man erst im März oder April des
nächsten Jahres erwarten kann.
Nach Mitteilung der Staatsanstalt für Meteorologie war ein ähnliches Wärmejahr
vor gerade 100 Jahren, also 1834.
Wahrscheinlich durch die anhaltende Trockenheit begünstigt, trat im Monat Juli
in Futtergetreide und Erbsenfeldern eine schmutzig, graue Blattlaus auf, die
Pflanzen, welche meist noch vor der Blüte standen, bis zum Vertrocknen aussogen
und diese Fruchtgattung binnen einigen Tagen gänzlich vernichteten. Es weiß
sich niemand zu erinnern, dass jemals dieser Schädling so verheerend aufgetreten
wäre. Auch die Nachbarbezirke Braunau und Hohenelbe klagen über die Vernichtung
ihrer Grünfutterbestände.
In diesem Jahr kamen die Schwämmesucher auf ihre Rechnung. So ein reiches Pilzjahr
hatte noch niemand erlebt. Fast aus jedem Hause wandert täglich jemand hinaus
in die Wälder und alle kommen befriedigt mit vollen Taschen und Säckchen nach
Hause. An erster Stelle steht der Steinpilz oder Herrenpilz genannt. Auch die
Arbeitslosen begrüßen diesen Schwämmesegen. Er bietet manchen einen kleinen
Zuschuss. Leider sind die Preise sehr gefallen. Für frische Edelpilze zahlt
man nur 5 Kronen per Kilogramm. Ja sogar für 3 Kronen wurden sie abgegeben,
wenn der Markt überfüllt war.
Hilfswerk "Brüder in Not" das im vergangenen Jahr ins Leben
gerufen wurde, ist in "Sudetendeutsche Volkshilfe" umbenannt worden.
An diesem Hilfswerk beteiligen sich alle deutschbewussten Parteien und Vereine.
Leider nicht die Sozialdemokraten und die Kommunisten. Obzwar diese Arbeiter
bereitwillig mitgearbeitet hätten, wurde ihnen die Betätigung an der Volkshilfe
von ihren Parteileitungen streng untersagt.
Die bestehende leibliche Not mag viel dazu beitragen, dass der moralische und
sittliche Halt niederer Volksklassen oft zu schwinden beginnt. Es ist in der
Umgebung wieder viel von Einbruchdiebstählen zu vernehmen. Am 09. November wurde
auch in unserem Orte, im Gasthaus Rumler eingebrochen und aus dem Schlafzimmer
der Betrag von 1.000 Kronen gestohlen. Die Diebe konnten nicht ausfindig gemacht
werden.
Vom Seminar für Deutsch Philologie der Deutschen Universität in Prag werden
alljährlich Fragebögen zwecks Anlegung eines "Sudetendeutschen Mundartwörterbuches"
bzw. "Volkskundeatlas" an die Schulleiter der Gemeinden zugesandt.
Der Mundartsprecher bzw. Beantworter der Fragen muss in der Gemeinde geboren
und daselbst stets ansässig gewesen sein. Nachdem dies bei unserem bisherigen
Schulleiter nicht der Fall war, wurde mir als Gedenkbuchführer seit einigen
Jahren diese Arbeit zugedacht. Es wird mir dafür zwar keine Vergütung zuteil,
doch verrichte ich sie gern. Es ist "Volkstumsarbeit"! Seit 1931 habe
ich 6 Sendungen von Fragebögen in unserer "Woltner Mundart" umgesetzt
und abgefertigt.
Die Monate Jänner und Feber brachten wenig Schnee, sowie auch eine mäßige Kälte.
Anfang März verliert sich der Schnee gänzlich. Niederschläge bleiben gering.
Ebenso im Monat April. Im Mai treten noch starke Fröste auf, ohne Regen. Und
nun setzt eine geradezu katastrophale Dürre ein. Juni, Juli und August bleiben
fast ohne Regen. Der ganze Niederschlag für 4 Monate beträgt 70 mm.
Die furchtbare Trockenheit übertrifft noch die des Vorjahres und zeigt bald
ihre Auswirkung an den Feldfrüchten. Die Quellen in Wald und Flur liegen überall
trocken. Der Dorfbach bleibt von der Straße ab bis zum Spritzenhaus öfters ohne
Wasser. Erquickende Landregen bleiben wie im Vorjahre gänzlich aus. Es ist täglich
eine ermattende Hitze. Schon im August ist kein Grünfutter vorhanden, es müssen
schon die Heuböden herangezogen werden. Die Landwirte trifft die Sorge wie sie
wieder das Auslangen mit ihren Futtervorräten über den Winter finden sollen.
Im Herbst stellt sich öfter Regenwetter ein. Gegen Mitte Dezember fällt Schnee.
Der 23. Dezember zeigt 15° Kälte. Bald sind die Winterfreuden wieder vorbei.
Es tritt Tauwetter ein, mit sommerlicher Witterung. Vor Neujahr ist der Schnee
wieder gänzlich verschwunden.
Der Weltkrieg mit seinen Folgen hat viele arm, jedoch niemanden klüger gemacht.
"Nie wieder Krieg" war die Parole in den Nachkriegsjahren. Nichts
sollte mehr an einen Krieg erinnern. Kein Kriegerdenkmal, keine Kriegsanleihe,
keine Bleisoldaten. Und heute? Es ist kaum glaublich, noch nicht zwanzig Jahre
nach dem Blutvergießen ist die Welt wieder voll von Kriegsgeschrei. Da kommt
sogar schon eine behördliche Kundgebung, dass die Dachböden entrümpelt werden
müssen, damit die Bomben nicht zünden können. Eine Versammlung über Luftschutz
muss in der Gemeinde veranstaltet werden.
Durch Kriegsanleihegesetze wurden die einstigen Kriegsanleihezeichner zur Verachtung
und Verspottung hingestellt. Ja durch Entwertung ihrer Anleihen sozusagen der
Strick in die Hand gedrückt, wenn sie alt und nichts mehr zum Leben hatten.
Und heute wird wieder mit großen Worten in Rundfunk und Tagesblättern Lust gemacht
für Zeichnungen von derartigen Anleihen. Noch stampfen die Stelzfüße des letzten
Krieges durch die Gassen und wieder reibt sich der Mauschel die Hände.
Im Jänner 1930 erhielt unser Gemeindeamt von der politischen Behörde den Auftrag,
für den schriftlichen Verkehr außerhalb der Gemeinde eine zweisprachige (Tschechisch
und Deutsch) Gemeindestampiglie anzuschaffen. Bei der Herstellung der neuen
Stampiglie war durch Versehen unser altes Wahrzeichen die "Dorflinde"
außer acht gelassen worden. Erst im Jahre 1936 wurde das Bild der Linde wieder
in den Gemeindesiegel aufgenommen. Im örtlichen Verkehr ist immer noch die alte
deutschsprachige Stampiglie gestattet.
Das Wetter:
17 Tage wolkenlos |
27 Tage mit schwachen Gewittern |
97 Tage heiter, schwach bewölkt |
1 Tag mit schwerem Gewitter |
62 Tage bewölkt |
18 Tage mit Nebel |
58 Tage bedeckt |
6 Tage mit Reif |
38 Tage veränderlich |
9 Tage mit Rauhreifbehang |
57 Tage mit Regen |
11 Tage mit starkem Föhn |
0 Tage mit Hagelschlag |
1 Tag mit Sturmwind |
Unsere Gemeinde befindet sich von nun an im Polizeireyon der Staatspolizei.
Leiter ist Dr. Otokar Rodr. Für Vereinswesen, Presse und Veranstaltungen ist
Polizeikonzipient Dr. Milos Sebor zuständig. Für die Kriminalabteilung, Straßenverkehr,
Sittenpolizei, Reise- und Waffenpässe Polizeikommisär Otokar Bestak.
Der erste Mai wurde von den politischen Parteien mit großen Kundgebungen in
Trautenau, an den viele Tausende sich beteiligten, gefeiert. Aus unserer Ortschaft
zogen in der Früh die Sozialdemokraten und Kommunisten, am Nachmittag die Sudetendeutsche
Partei mit Musikkapellen zum großen Aufmarsch. Am Abend desselben Tages begingen
die Bundesgruppen des Bundes der Deutschen ihre Maibaumfeier an der sich wieder
eine große Zahl der Ortsbewohner beteiligte.
Nach Weisung der Trautenauer Bezirksbehörde wurde auch in unserer Gemeinde der
Ausschuss des zivilen Luftschutzes organisiert. Am 26. Mai fand eine Versammlung
statt, in der Gemeindevorsteher Hr. Reinhold Erben als Obmann des Luftschutzausschusses
die Mitglieder eingehend über Zweck des Bestehens dieser Einrichtung informierte
und die Mitglieder über ihre Pflichten unterrichtete.
Dem Kommando sind 7 Reyonskommandanten unterstellt und denselben wieder die
Gruppenkommandos bestehend aus: Kommando, Nachrichtendienst, Alarmdienst, Erkundungsdienst,
Assanierungsabteilung, Sicherheitsdienst für elektrische Anlagen, Wasserkontrolle,
Feuerbereitschaft, Desinfektionsdienst und Sanitätsdienst.
Am 05. Juni um 3 Uhr Nachmittag wurde eine Luftschutzübung durchgeführt welche
die Dampfsirene der Fa. Oberländer, der sich die Nebelhörner der Feuerwehr anschlossen,
durch Wiederholung des Signals 2x kurzer 1x langer Ton einleitete.
Alles musste sich sofort in die Häuser begeben, in welchen Türen und Fenster
geschlossen bleiben müssen. Bis bei Wiederholung der Signale, nach cirka 20
Minuten, die Übung als beendet gilt.
Bei Luftalarm müssen sich alle Dienstzweige beim Kommando im Schulgebäude einfinden.
Der Ausschuss ist gekennzeichnet durch rote Armbinde mit den Buchstaben C.P.O.
= Civilny protiletecka ochrana = Zivielluftschutz. Am Abend wurde die Übung
mit Verdunklung wiederholt.
Das Wetter:
24 Tage wolkenlos |
3 Tage mit sehr starkem Wind |
84 Tage heiter, schwach bewölkt |
26 Tage mit Nebel |
85 Tage bewölkt |
31 Tage mit schwachem Gewitter |
53 Tage bedeckt |
1 Tag mit schwerem Gewitter |
44 Tage veränderlich |
5 Tage mit Reif |
35 Tage Regen |
4 Tage mit Rauhreif behang |
13 Tage Föhn |
19 Tage mit Schneefall |
Die höchste Niederschlagsmenge brachte der 15. Juni mit 29 mm. Neuschnee 161 cm. Höchsttemperatur am 26. Mai mit 31° im Schatten. Niedrigste Temperatur 14. Jänner und 23. Dezember je 14°.
Am 25. Jänner abends von 8 bis 10 Uhr konnten wir ein recht seltenes Naturschauspiel
betrachten. Der nördliche bis nordwestliche. Himmel leuchtete in einem eigentümlichen
tief dunklen Rot erschreckend auf. Die Sirene am Kirchturm in Trautenau verkündete
bald den Ausbruch eines Feuers. Und alle Wehren der Umgebung traten in Alarmzustand.
Doch bald nahm man wahr, dass das eigentümliche Rot nicht von einer Feuersbrunst
stamme. Das Zinnoberrot wechselte mit schwachem Grün. Rot und Blau; auch zeigten
sich ganz schwache Streifen in der Erscheinung. Ein irdischer Vorgang, wie man
auch annahm, von Menschenhand hervorgerufen, konnte es nicht sein, da das Schauspiel
zu lange anhielt und an Ausdehnung bereits bis an den Zenit heran reichte. Die
Prager Sternwarte brachte uns Klarheit! Es war das schönste Polarlicht das je
in unserer Gegend wahrgenommen werden konnte. Manche Leute waren der Meinung
es sei ein böses Omen und würde auf einen Krieg hindeuten.
Bis 01. November müssen alle Geldnoten zu 100, 500 und 1.000 Kronen auf Reichsmark
umgetauscht werden. Bis 15. November die Noten zu 10, 20 und 50 Kronen, sowie
sämtliches Hartgeld. Der Kurs lautet: 100 Kronen gleich 12 Reichsmark. Nach
dem 31. Oktober sind alle Zahlungen in Reichsmark zu leisten. Ein nachträglicher
Umtausch erfolgt nur zum Devisenkurs: 100 Kronen ungefähr 8 Reichsmark.
Das Wetter:
52 Tage wolkenlos |
4 Tage sehr starker Wind |
69 Tage heiter, schwach bewölkt |
26 Tage mit schwachen Gewitter |
98 Tage bewölkt |
3 Tage mit schweren Gewitter |
54 Tage bedeckt |
44 Tage mit Früh- u. Hochnebel |
48 Tage veränderlich |
4 Tage Reif |
39 Tage mit Regen |
2 Tage Rauhreifbehang |
22 Tage mit Föhn |
22 Tage Schneefall. |
Die vergangenen drei Jahre in denen Messungen und Aufzeichnungen gemacht wurden, konnten als Jahre mit normaler Witterung angesehen werden. Die Wintermonate waren jedoch gelind mit ausnahmsweise wenig Schnee.
Die Volkszählung am 17.05.1939 hat
folgendes Ergebnis:
Einwohner 940. Davon 475 männlich und 465 weiblich. Deutsche 930, Tschechen
9, Slowaken 1. Nach dem Glaubensbekenntnis: römisch katholisch 900, evangelisch
14 , Gottgläubig 10, Glaubenslos 16.
Landwirtschaften 55, nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten 50.
Von der Deutschen Regierung wurden seit Neujahr 1939 Steuern für folgende Produkte
aufgehoben: Backpulver, Kohlen, Wasserkraft, Essigsäure, Presshefe, Feuerzeug,
Mineralöl, Wein, Schaumwein, Limonade, Sodawasser und Mineralwasser. Für Branntwein
nur teilweise.
Auf Grund der staatlichen Verordnung vom 02.05.1939, Verordnungsblatt für den
Reichsgau Sudetenland S.1 und der staatlichen Durchführungsverordnung vom 17.08.1939
wird behufs Bereitstellung von Mitteln zur Deckung des kirchlichen Sach- und
Personalbedarf im Sudetengau ab 01.10.1939 die Kirchensteuer eingeführt:
Der Kirchenbeitrag beträgt für das erste Halbjahr vom 01.10.1939 bis 31.03.1940
bei einem monatlichen Einkommen in der
1. Stufe |
bis |
85 RM |
|
= |
0,75 RM |
|
2. Stufe |
über |
85 RM |
bis |
150 RM |
= |
1,50 RM |
3. Stufe |
über |
150 RM |
bis |
220 RM |
= |
3,00 RM |
4. Stufe |
über |
220 RM |
bis |
300 RM |
= |
6,00 RM |
5. Stufe |
über |
300 RM |
bis |
400 RM |
= |
9,00 RM |
6. Stufe |
über |
400 RM |
bis |
550 RM |
= |
15,00 RM |
7. Stufe |
über |
550 RM |
|
= |
30,00 RM |
Der Winter 1939 1940 hatte mittelmäßigen Niederschlag in Schnee,
jedoch eine außergewöhnliche Kälte aufzuweisen. In jedem der Monate Dezember,
Jänner, Feber und März waren etliche Tage an denen das Thermometer minus 26
Grad und auch mehr aufzeigte. Den ganzen Winter hindurch war weder Regen noch
Tauwetter zu verzeichnen. Auf Straßen und Wegen war stets herrliche Schneebahn.
Der Erdboden war durchgehend 1 m bis 1,20 m tief gefroren. Es waren viele Wasserleitungsschäden
aufgetreten. An Häusern und Baulichkeiten hatte der Frost viel Schaden durch
Mauerrisse verursacht. Viele Vögel und Wild, besonders Rehe sind zu Grunde gegangen.
Der Wald zeigte braune Äste mit erfrorenen Nadeln. Doch was der Frost in den
Obstgärten angerichtet, ist jetzt im Frühjahr zwar schon ersichtlich, doch noch
nicht übersehbar.
Die Folgen des strengen Winters zeigen in den Sommermonaten in den Obstgärten
ein Bild der Verwüstung. In dem üppigen Grün der Gärten stehen die Obstbäume
gleich Brandruinen. Die Vernichtung der Apfelbäume kann man mit 50 % annehmen.
Bei Birnen und Kirschen kann der Schaden höher geschätzt werden. Die vielen
Zwetschken- und Pflaumenbäume sind sämtlich vernichtet.
Zu Ende Juli 1940 setzt Regenwetter ein. Es regnet stundenlang, tagelang und
nachher wochenlang. Das Korn welches nicht in Puppen aufgestellt wurde, geht
am Boden gänzlich zugrunde. Gegen Ende August wächst viel Korn in den Puppen
aus und verdirbt. Der 29. August ist ein regenloser Tag und wird das letzte
Korn eingefahren. Bald ist der Hafer dem Verderben nahe. Das Grummet wird wiederum
halb verfault eingefahren. Die Kartoffelernte ist reichlich, jedoch schwierig.
Die Herbstsaat kann nicht bestellt werden wegen der Nässe.
Auch die Tierwelt leidet unter diesen Witterungsverhältnissen. In den Schwalbennestern
tritt eine merkbare Stille ein. Wenn man Nachschau hält, kann man mützenvoll
junge Schwalben herausnehmen. Sie sind in der Regenzeit wegen Mangel an Insekten
alle verhungert. "Kriegsjahre = Missjahre"! Auch der Wildbestand ist
sehr am Abnehmen. Der Hase wird ein recht seltenes Tier. Rebhuhn und Fasan
sind ganz verschwunden.
Anfang Juni des Jahres wurde von der Firma Barthel (Oberländer) für die Arbeiter
ihres Betriebes in den Gasträumlichkeiten des Max Patzelt eine Kriegsküche eingerichtet.
Das Gasthaus ist seit dem Einrücken des Besitzers außer Betrieb. In der Kriegsküche
wird den Arbeitern gegen Abgabe kleiner Abschnitte der Lebensmittelkarte ein
komplettes Mittagessen verabreicht.
Schneemassen in der Höhe wie sie in der ersten Jännerwoche gefallen sind,
kommen in diesem Ausmaß wohl kaum in Jahrzehnten wieder. Infolge des anhaltenden
Sturmwindes steigen die Schneewehen, dass auf Wegen und Straßen bald der ganze
Verkehr ins Stocken geriet. Viele Arbeiter können nicht ihre Betriebsstätten
besuchen, denn der Autobusverkehr ist gänzlich eingestellt.
Von der Eisenbahn hört man noch hier und da einige Notsignale und nun wird es
auch hier ruhig. Auf allen Strecken stecken die Maschinen in den Schneemassen.
Gegen Liebau, Schwadowitz, Packau und Freiheit befinden sich Züge im Schnee.
Die Passagiere werden von der N.S. Volkswohlfahrt betreut.
Nach dem Unwetter begann das große Schneeschaufeln an dem sich Jung und Alt
beteiligen musste. Die Eisenbahn konnte nach drei Tagen den Verkehr wieder aufnehmen.
Die Autobusse erst nach 14 Tagen.
Aus unserer Gemeinde sind an der Ostfront vom 22. Juli bis 31. Dezember 9 Mann
gefallen und einige leicht verwundet. Die Namen der Gefallenen werden zu Kriegsende
auf einem Ehrenblatt dieses Buches verzeichnet.
Mit Ende des Jahres 1943 werden die Reichsschulden nach Angaben des Reichsfinanzministers
Graf Schwerin von Krosigk 253 Milliarden Reichsmark betragen.
Die vom Reichskommissar für Altmaterialerfassung durchgeführte
Spinnstoffsammlung ergab in unserem Orte eine Menge von |
1289 |
kg. |
Eine Flaschensammlung erbrachte |
1478 |
St. |
Eine Altpapiersammlung |
182 |
kg. |
Die Eisensammlung |
1000 |
kg. |
Die Knochensammlung |
189 |
kg. |
Bei der Schallplattensammlung wurde
1 Grammophonapparat und 75 Platten geschenkt.
Bücher für die Wehrmacht wurden 75 Stück gesammelt. 130 Liebesgabenpackeln schickte
die N.S. Frauenschaft an die Front im Monat Oktober. Jeden 2. Monat geht ein
Heimatbrief und ein Feldpostbrief von dem Ortsleiter bzw. unserer Ortsgruppe
an die Soldaten.
In den ersten Tagen des Januar wurden von allen Kirchen und Kapellen die
Glocken abmontiert. Da auch die Glocken von künstlerischem, bzw. Altertumswert
durch diese Maßnahme nicht verschont blieben, wurden die Glocken sorgfältig
und unbeschädigt abgenommen; nicht wie im 1. Weltkrieg, dass sie öfter durch
die Turmfenster herab geworfen oder wenn von größerem Gewicht, in der Glockenstube
zerschlagen wurden. Die Glocken werden im Fabrikmagazin der Firma Faltis in
Trautenau eingelagert. In der Erzdekanatkirche verblieb nur das Sanktus-Glöcklein
und eine eiserne Sterbeglocke.
Die Ernte an Brotfruchtgetreide war wie im vorhergehenden Kriegsjahr schlecht
und kann nur mit 50 % einer normalen Ernte geschätzt werden. Die Ernte in Sommergetreide,
besonders Hafer war sehr gut. Besonders die Kartoffelernte war reichlich.
Auf den Feldern war auch heuer der Hederich gut geraten. Zum Hederich- und Disteljäten
war die Schuljugend eingesetzt, da während dem Kriege nur halbtägig Schulunterricht
erteilt wurde. Die Kinder erhielten einen Stundenlohn.
Besonders eifrig wurde nach der Ernte auf den Stoppelfeldern die zurückgebliebenen
Getreideähren eingesammelt. Das gesammelte Getreide ist dem Sammler zum eigenen
Verbrauch freigegeben und kann in den Mühlen bis zu einem Höchstgewicht von
10 kg auf Mehl umgetauscht werden.
Mit Rücksicht auf die ernste Zeit sind während der Kriegsdauer alle Festlichkeiten,
öffentliche Belustigungen und Tanzunterhaltungen eingestellt. Nur Theater und
Kino bleiben weiterhin.
Zwecks eines Übungsschießen der Wehrmacht mussten die Gemeinden Bernsdorf,
Goldenöls, Gabersdorf, Trautenbach, Altstadt, Neuhof, ein Teil von Wolta und
zwar vom Gasthause Rumler aufwärts geräumt werden, ebenso der Ortsteil Neu-Wolta.
Es mussten am 25., 27. und 29. August alle Personen von ½8 Uhr morgens bis
5 Uhr abends das gesperrte Gebiet verlassen. Das Vieh konnte verbleiben. Das
Schießen wurde von der Artillerie auf die verbliebenen Bunker durchgeführt.
Zum Schutze des Feldgutes gegen Beschädigungen und zur Unterbindung des Diebstahls
von Feld- und Baumfrüchten, wurde ab 01. Juli 1943 im Landkreis Trautenau die
allgemeine Flursperre angeordnet. Als Sperrzeiten gelten: Im Juli die Zeit von
22 Uhr bis 5 Uhr früh. Im August von 21 Uhr bis 6 Uhr. Im September von 20 Uhr
bis 7 Uhr. Im Oktober von 19 Uhr bis 8 Uhr. Während dieser Sperrzeiten ist Unbefugten
das Betreten der Felder, Fluren und Gärten außerhalb der öffentlichen Wege verboten.
Diese polizeiliche Anordnung erließ der Landrat Sölter in Trautenau.
Der höchst selten geringe Niederschlag wie ihn dieses Jahr aufweist, verlangte
auch die größte Sparsamkeit im Wasserverbrauch. Der Parschnitzer Ortsteil Trautenstein,
konnte von unserer Gemeindewasserleitung im zweiten Halbjahr nicht mehr beliefert
werden und wurde von der Wasserleitung Parschnitz mit beteilt. Unser Dorfbach
lag im unteren Teil des Dorfes oftmals gänzlich trocken. Die trockene Witterung
war jedoch für die Erntewochen sehr günstig. Von den Feldfrüchten war in diesem
Jahr die Winterfrucht am besten geraten. Sehr schlecht dagegen die Kartoffelernte.
Durch die "Blatt-Rollkrankheit" wurden die wenigen Erdäpfel in der
Winterlagerung noch schwarz und faulig.
Jahresniederschlag in Regen 354 mm, Schnee 76 cm, 31° am 3. und 5. August. Am
02.06. und 07. August 32° C. im Schatten. Kältester Tag am 26. Jänner mit 20°
minus.
An der Jahreswende wo wir Rückschau halten, stehen wir entblößten Hauptes.
Wir gedenken der Opfer des Krieges, wir würdigen ihr großes Opfer, das sie dem
deutschen Vaterland gebracht haben.
Am 04. Mai waren die männlichen Personen der Geburtsjahrgänge 1884 bis 1888
zur Musterung. Von 24 Pflichtigen wurden 20 als wehrfähig erkannt.
Auch für Hunde war im Laufe des Sommers eine Musterung, ob für Feld- oder Sanitätsdienst
fähig, anberaumt. Aus unserer Ortschaft wurde kein Hund als Diensttauglich befunden.
Gegen Mitte Oktober gibt der Führer den Befehl zur Bildung des Volkssturmes,
nachdem alle männlichen Personen von 17 60 Jahren zur Verteidigung des
Vaterlandes gerufen werden.
Am 12. November war eine feierliche Vereidigung des Volkssturmes in Trautenau.
Die Volkssturmmänner von Wolta, 111 an der Zahl, sammelten sich beim Gasthause
Rindt in Trautenstein. Sie erwarteten hier den Volksturm von Parschnitz, der
bald mit Fahnen und Musik erschien und nun ging es in strammen Marschtritt gegen
Trautenau. Am Ringplatz aufmarschiert wurden die Kompanien vom Standortältesten
in einer Ansprache begrüßt, worauf die feierliche Vereidigung stattfand.
Die Lebensmittelrationen werden herabgesetzt. Die Zuteilungsperioden 71 und
72 werden, anstatt auf 8 Wochen auf 9 Wochen ausgedehnt. Weiters ist angekündigt,
dass auch die Zuteilungsperioden 73 und 74 mit gleichem Quantum auf 9 Wochen
gestreckt werden.
In Punkt Volksernährung ist seit Jänner das Neueste, dass Gipfel, Semmeln und
Brötchen nicht mehr dürfen gebacken werden. Anstelle von Weizenmehl wird nur
noch Roggenmehl ausgegeben. Anstelle von Butter und Margarine wird nur Fleisch
ausgegeben. Nur Kinder bis zu 14 Jahren erhalten Butter. Kraut gab es über die
Wintermonate keines. Gemüse und Obst, sowie Fischwaren bleiben seit vielen Monaten
gänzlich aus. Kartoffelmehl, Grieß, Reis, Hirse, Nudeln, Makkaroni und Speiseöl
sind nicht mehr erhältlich. Die Nährmittel bestehen nur in Gerstenschrot.
Hier enden die Eintragungen im Gedenkbuch II der Gemeinde Wolta.